Die Gründung des norddeutschen Bundes. 165
fassungsmässige Zustimmung. Hierauf war das letzte Erforderniss
für das Inkrafttreten der neuen Verfassung erfüllt. In allen einzel-
nen Staaten wurde die so angenommene Verfassung des norddeut-
schen Bundes in der für Gesetzespublikationen vorgeschriebenen
Form verkündet. Alle diese Publikationspatente enthalten die Be-
stimmung, dass diese Verfassung in den betreffenden
Staatsgebieten am 1. Juli 1867 in Krafttreten soll.
Daher istnichtder 16. April, sondern der1. Juli 1867
der Geburtstag des norddeutschen Bundes. Mit diesem
Tage waren die Augustverträge von 1866 durch Erfüllung aller
übernommenen Verpflichtungen erloschen. Das norddeutsche Bun-
desrecht war von nun an nicht nur ein integrirender Theil jeder Lan-
desstaatsverfassung, welches alle entgegenstehenden Bestimmungen
derselben von selbst ausser Kraft setzte, sondern zugleich das ein-
heitliche Staatsrecht einer über allen Eınzelstaaten
stehenden höheren staatlichen Ordnung. Während bis
zum 1. Juli unter den verbündeten Staaten nur ein völkerrechtliches
Verhältniss auf Grund geschlossener Verträge stattfand, ıst an dessen
Stelle jetzt ein staatsrechtliches Band getreten. Auch der Bundes-
staat entsteht durch Vertrag. ist er aber zu Stande gekommen, so ist
er nicht mehr blos ein vertragsmässiges, sondern ein verfassungs-
mässiges Verhältniss; denn der Vertrag der zusammentretenden
Staaten war eben darauf gerichtet, einen Gesammtstaat zu gründen,
ihm eine Verfassung zu geben und sich derselben als einer höheren
Norm zu unterwerfen (Meine Einl. 8. 472}.
$ 75.
Feststellung des Rechtsverhältnisses des norddeutschen Bundes
zu den süddeutschen Staaten.
Während der Regierungsentwurf nur eine vertragsmässige Rege-
lung der Verhältnisse des norddeutschen Bundes zu den süddeut-
schen Staaten ın Aussicht gestellt hatte, erhielt, durch Annahme des
Antrags Lasker-Miquel, Art. 79 der Verfassung des norddeutschen
Bundes folgenden Wortlaut: »die Beziehungen des Bundes zu den
süddeutschen Staaten werden sofort nach Feststellung der Verfas-
sung des norddeutschen Bundes durch besondere dem Reichstage
zur Genehmigung vorzulegende Verträge geregelt werden. Der Ein-
tritt der süddeutschen Staaten oder eines derselben in den Bund
erfolgt auf den Vorschlag des Bundespräsidiums im Wege der
Gesetzgebung« Durch den Zusatz wollte man ausdrücken:
»dass wir den Beitritt der süddeutschen Staaten nicht für eine Ver-