Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

$. Die Gründung des neuen deutschen Reiches. 169 
die kriegerischen Ereignisse herbeigeführt worden, es bedinge. von 
dem Boden der völkerrechtlichen Verträge, welche bis dahın 
die süddeutschen Staaten mit dem norddeutschen Bunde verbanden, 
zu einem Verfassungsbündnisse überzugehen«. Sie verband 
mit dieser Mittheilung den Ausdruck des Wunsches, mit einem Be- 
vollmächtigten des Präsidiums über die Vorschläge in Besprechung 
zu treten, welche sie zur Ausführung ihres Gedankens vorbereitet 
hätte. »Um diese Vorschläge der bayerischen Regierung anzuhören, 
wurde der Staatsminister Delbrück nach München entsendet, wo 
Besprechungen stattfanden, an welchen sich auch ein württembergi- 
scher Bevollmächtigter betheiligte (Bericht des Ministers Delbrück 
ım norddeutschen Reichstage vom 5. December 1870). Während das 
Ergebniss dieser Besprechungen der Erwägung des Bundespräsi- 
diums unterlag, wurde von Württemberg aus der Wunsch ausge- 
sprochen, die in München eingeleiteten Besprechungen in Versailles 
fortzusetzen und zu ergänzen. Gleichzeitig mit dieser Anregung er- 
folgte der definitive Antrag Badens auf Eintritt in den norddeutschen 
Bund. Auf diese Anregung hin lud das Präsidium sowohl die würt- 
tembergische wie die badische Regierung ein. Bevollmächtigte nach 
Versailles zu entsenden, wozu sich auch die bayerische Regierung 
entschloss. Endlich erklärte auch die grossherzoglich hessische Re- 
gierung ihren Entschluss, mit dem südlichen "Theil ihres Gebietes in 
den Bund einzutreten, und so geschah es, dass in der zweiten Hälfte 
des Oktober die Vertreter der sämmtlichen süddeutschen Staaten in 
Versailles vereinigt waren, um über die Gründung eines deutschen 
Bundeszu verhandeln. Die Verhandlungen mit Württemberg, Baden 
und Hessen führten bald zu der Ueberzeugung, dass es ohne grosse 
Schwierigkeiten gelingen werde, auf Grundlage der Verfassung des 
norddeutschen Bundes zu einer Verständigung zu gelangen. Die 
Verhandlungen mit Bayern boten dagegen grössere Schwierigkeiten, 
und es war auf den eigenen Wunsch des bayerischen Bevollmäch- 
tigten, dass zunächst die Verhandlungen mit den drei andern süd- 
deutschen Staaten fortgesetzt wurden. So kam es, dass gegen Mitte 
des November die Verständigung mit den drei andern süddeutschen 
Staaten zum Abschluss gekommen war. Nur ein unvorgesehener 
Zufall verhinderte es, dass gleich am 15. November Württemberg an 
der mit ıhm in allen Hauptpunkten zu Stande gekommenen Ver- 
ständigung theilnahm. Es wurde deshalb zunächst am 15. No- 
vember mit Baden und Hessen abgeschlossen«. 
Es ist dies der Vertragzwischen dem norddeutschen 
Bunde, BadenundHessen, geschlossen zu Versailles
	        
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