Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

194 I. Das Landesstaatsrecht. 
Auch gilt es als ein ausschliessliches Ehrenrecht der regierenden 
Fürsten. von sich in der Mehrheit: »Wir. von Gottes Gnaden«! zu 
sprechen. 
b} Dem Monarchen kommen als Symbole seiner Würde gewisse 
Insignien zu, z. B. die Krone, das Schwert, das Scepter. 
c) Ihm werden besondere militärische Ehren erwiesen; nach 
der Reichsverfassung sind die regierenden Fürsten, als Kontingents- 
herrn, »Chefs aller ihren Gebieten angehörenden '[ruppentheile und 
geniessen die damit verbundenen Ehren«. 
d) Es wird des Landesherrn im Kirchengebete gedacht und bei 
seinem 'Iode allgemeine Landestrauer angelegt. 
mit dem Zusatze »Kurfürstliche Durchlaucht« sämmtliche weltliche Kurfürsten, 
die geistlichen nur dann, wenn sie geborene Prinzen waren, sonst hiessen sie 
nur »Kurfürstliche Gnaden«. Die alten weltlichen Fürsten wurden später ebenso 
regelmässig mit diesem Prädikat beehrt; neue weltliche Reichsfürsten erhielten 
von ihren Unterthanen und allen Niederen ebenfalls »die Durchlaucht«, in 
Reichsgutachten wurden sie nur »Fürstliche Gnaden« genannt, ein Prädikat, 
welches den geistlichen Fürsten allgemein beigelegt wurde, wenn sie nicht ge- 
borene Prinzen waren. Häberlin, Repert. B. I. S. 737. Art. Durchlaucht. 
Ueber die fürstlichen 'Titulaturen zu Reichszeiten siehe Lünig's Titulaturbuch 
mit einer Vorrede, herausgegeben von Jenichen, Leipzig 1750, Moser, Von 
den deutschen Reichsständen u. s. w. 8. 425. 651. 788. 795. 912. Desselben, 
Persönliches Staatsrecht Th. II. S. 39. 44. 47. 
' Die Formel »von Gottes Gnaden« wurde zuerst und zwar schon seit dem 
IV Jahrhundert von den Bischöfen gebraucht als ein Zeichen der Demuth, um 
auszudrücken. dass sie ihres Amtes nicht würdig, sondern nur durch Gottes Er- 
barmung dazu gelangt seien, daher auch mit dem Zusatze »etsi indignus pecca- 
tor«, bisweilen auch »Dei et Apostolicae sedis gratia«. Seit dem X. Jahrhundert 
nannten sich auch die weltlichen Fürsten öfter »Dei gratia.« Pfeffinger, 
Vitr. illustr. 1. I. Tit. IV. p. 392. Moser, Persönliches Staatsreeht, bezeugt 
von seiner Zeit: »Die geistlichen und weltlichen Kurfürsten und Fürsten schreiben 
sich von Gottes Gnaden, die Prälaten und Grafen hingegen ordentlicher Weise 
nicht.« Heutzutage betrachtet man die Bezeichnung von Gottes Gnaden lediglich 
als einen Vorzug der regierenden T,andesherren und gestattet dessen Führung 
keinem Mediatisirten. Willman damit nur die Selbständigkeit des monarchi- 
schen Rechtes, im Gegensätze zu allen abgeleiteten Beamtenrechten und die Un- 
verantwortlichkeit der Person des Monarchen ausdrücken, so hat diese Bezeich- 
nung ihre Berechtigung. Auch ist es gewiss zu billigen, wenn dadurch die fort- 
währende Abhängigkeit des Regentenberufes von einer höheren göttlichen Lei- 
tung ausgedrückt werden soll. Darum war der 1848 auftauchende Gedanke, dies 
Prädikat ausdrücklich zu beseitigen, eine das religiöse Gefühl verletzende Roh- 
heit. Missbraucht wird aber diese ehrwürdige Formel, wenn theologisirende 
Politiker damit phantastische Vorstellungen verbinden, mit dem Königthum 
einen Götzendienst treiben und darin, wie Salmasius und seine Anhänger, 
eine Sanktion des schrankenlosen Absolutismus erblicken. Siehe darüber v. 
Kaltenborn, Einl. S. 105, und besonders Christian Masslieb Prof. Pelt,, 
»Von Gottes Gnaden«. Ein Beitrag zur näheren Bestimmung des Begriffes Tegi- 
timität. Jena 1831.
	        
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