Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

200 I. Das Landesstaatsrecht. 
trimonialstaat in die moderne Staatsordnung hinüberlenkte. Die 
erste Grundlage eines geordneten Finanzwesens ist die Aufstellung 
eines festeu Etats, welcher ohne Ausscheidung einer bestimmten 
Summe für den Unterhalt des Monarchen, seiner Familie und seines 
Hofes von den übrigen Staatsausgaben nicht möglich ist!. Erst der 
neuern Gesetzgebung in Deutschland gelang es — auch hier naclı 
Preussens Vorgang — (das staatliche Princip an die Stelle der alten 
Kammergutswirthschaft zu setzen. 
In Preussen hatte bereits das absolute Königthum diese Frage 
im grossstaatlichen Geiste gelöst und die Staatseinheit auch auf die- 
sem Gebiete hergestellt. König Friedrich Wilhelm I. veremigte 
1713 die verschiedenartigen Domänen und Schatullgüter zu einer 
rechtlichen Einheit und setzte deren Unveräusserlichkeit für alle 
Zeiten fest. Eine Trennung zwischen einem Kammerfiskus und 
einem landschaftlichen Fiskus war seitdem dem preussischen Staats- 
recht fremd. Die Domänen galten schon zur Zeit des absoluten 
Staates für Staatseigenthum. Allg. Landrecht Th. ILS 11 ff. 
Die Kosten des königlichen Haushaltes, Ilofstaates und der könig- 
lichen Familie wurden aus den Domäneneinkünften entnommen. 
Zur Ordnung des Finanzwesens stellten die preussischen Könige 
selbst im vorigen Jahrhundert eine Summe fest, womit sie diese Aus- 
gaben bestritten. Die königliche Verordnung vom 17. Januar 1820 
bestimmt, dass für den Unterhalt der königlichen Familie, des könig- 
lichen Hofstaates und sämmtlicher prinzlicher Hofstaaten, sowie 
aller dahin gehörigen Institute ein jährlicher Bedarf von 2,500,000 
Thalern erforderlich sei. Der Betrag dieser Summe wird aus den 
Einkünften der Domänen des Staates vorweg in Abzug gebracht und 
die Domänen sind daher der Krone in erster Linie als verpfändet 
anzusehen. Dies Verhältniss ist durch die Verfassungsurkunde 
A. 59 bestätigt worden. 
! Diese dem Monarchen gewährte Aversionalsumme für den Unterhalt seiner 
Person, seiner Familie, seines Hofstaates und der dahin gehörigen Institute wird 
auch in Deutschland, in mehreren Staaten selbst gesetzlich, als Civilliste be- 
zeichnet, ein dem englischen Staatsrecht entnommener Ausdruck. Dies ist auch 
unbedenklich. Fine Civilliste besteht überall da, wo der Monarch ein gesetzlich 
bestimmtes Einkommen bezieht, welches ohne Zustimmung der Volksvertretung 
nicht verändert werden darf, wie Lorieux a.a.0O. richtig definirt »De nos 
jours on entend par liste civile, dans les pays constitutionels, une dotation fixe 
et annuelle, prelevee sur les revenus de l’etat et qui demeure affectee aux de- 
penses personelles du souverain ainsi, qu’a l’entretien de sa maison.« Nur muss 
festgehalten werden, dass die Civilliste deutscher Fürsten einen anderen juri- 
stischen Charakter hat, als die englisehe. Alles andere ist Wortstreit.
	        
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