Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

l. Von dem Staatsoberhaupte oder dem Monarchen. 97 
Successionsgrundsätze hinführt!. Daher wird zunächst nicht die 
noch völlig unentwickelte Staatsgesetzgebung, sondern die Fami- 
lienautonomie die wichtigste Quelle des fürstlichen Successions- 
rechtes. Seit dem XIV und XV Jahrhundert geriethen die Fami- 
lien des deutschen Fürstenstandes in eine übereinstimmende Bewe- 
gung. um ihr Familien- und Erbrecht hausgesctzlich zu regeln. 
Die durch die Hausgesetzgebung begründeten Rechtsgrundsätze sind 
folgende?: 
l, Unbedingter Vorzug des Maunsstammes; die im 
ältern deutschen Rechte vorhandenen einzelnen Bevorzugungen des 
männlichen Geschlechtes wurden zu einem ausschliesslich agnati- 
schen Prmcip ausgebildet, wornach selbst die entferntesten Stam- 
mesvettern die Töchter und deren Nachkommen ausschliessen ; 
2, Unveräusserlichkeit der sammtlichen Hausbe- 
sıitzungen, welche häufig den Landständen zugesichert und von 
ihnen garantirt wurde. 
3) Untheilbarkeit derselben; dieses dritte Princip war 
am schwersten durch die Hausgesetzgebung zu verwirklichen, da 
hier dem Familienintercsse, dem »lustre« oder »splendeur des Hau- 
ses« die festgewurzelten Ansprüche mehrerer Söhne oder Vettern 
auf Iheilung entgegenstanden. Immer von neuem wurden die Un- 
theilbarkeitsbestimmungen von dem Einzelinteresse wieder durch- 
brochen, und was die Hausgesetze des XIV. Jahrhunderts anbahnten, 
gelingt oft erst mehrere Jahrhunderte später für alle Zeiten festzu- 
stellen. 
}) Das Recht der Erstgeburt war eigentlich die notıwen- 
ige Konsequenz der Untheilbarkeitsverordnungen, doch suchte 
man häufig zunächst durch weniger entsprechende Mittel die Un- 
theilbarkeit zu erhalten, z. B. durch Anordnung von gemeinsamen 
Regierungen unter Direktion oder »Principat des Aeltesten«, durch 
Eheverbale für die Nachgeborenen, durch hausgesetzliche Bestim- 
mung mehrerer Söhne für den geistlichen Stand. Allein erst mit der 
Durchführung des strengen Primogeniturgrundsatzes, wie ihn die 
I Dies ist überzeugend dargethan vun G. Beseler, T,ehre von den Erbver- 
trägen. Zweiter Theil. Zweiter Band. Göttingen 1540. In diesem Werke ist 
überhaupt zum ersten Male einetiefere geschichtliche Begründung deseigenthüm- 
lichen Standesrechtes des hohen deutschen Adels gegeben. 
2 Diesen Gang der fürstlichen Hausgesetzgebung habe ich kurz dargestellt 
in einem Anhange zu OÖ. Stobbe’s Geschichte der deutschen Rechtsquellen 
B. II. S. 497 »Die Hausgesetze der deutschen Fürstenhäuser.«
	        
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