318 I. Das Landesstaatsrecht.
tungen für Geschichtskunde, Staats- und Rechtswissenschaft B. I.
Abth.I. Frankfurt 1834.
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Abstammung aus einer ebenbürtigen Ehe.
Nach altem Herkommen der deutschen Fürstenhäuser, sowie
nach den ausdrücklichen Bestimmungen vieler ältern und neuern
Hausgesetze und Verfassungsurkunden, wird zur Successionsfähig-
keit auch Abstammung aus einer ebenbürtigen Ehe verlangt.
Während in allen übrigen Lebenskreisen juristisch der Begriff einer
Missheirath nicht mehr existirt, hat sich der Grundsatz der Eben-
bürtigkeit, innerhalb der regierenden fürstlichen Familien, als letzter
Ueberrest der mittelalterigen Geburtsstandesverfassung, bis auf den
heutigen 'Tag erhalten. Als unzweifelhaft ebenbürtig gelten,
nach deutschem Fürstenrechte, alle Ehen, welche mit Gliedern regie-
render deutscher und europäischer Fürstenhäuser geschlossen wer-
den, ausserdem die Ehen mit Gliedern ehemals reichsständischer
Familien, auf welche Art. XTV der Bundesakte Anwendung findet.
Exkursüber die Ebenbürtigkeitnach heutigem deutschen
Fürstenrechte.
Während im früheren Mittelalter wesentlich nur der Geburtsstandes-
unterschied zwischen Freien und Unfreien auf die Ebenbürtigkeit der
Ehen eingewirkt hatte, bildete sich seit dem XIII. Jahrhundert eine we-
sentlich feudalistische Gliederung der Stände, welche im Spiegel
deutscher Leute und im Schwabenspiegel bereits als fertiger Geburts-
stand dasteht. (O. Stobbe, Die Stände des Sachsenspiegels in der
Zeitschrift für deutsches Recht B. XV. bes. S, 362. F. de Martitz,
Qui sint ingenuitate sibi compares jure spec. saxonici? 1859. R.Schrö-
der, Zur Lehre von der Ebenbürtigkeit nach dem Sachsenspiegel, Zeit-
schrift für Rechtsgesch. B. III. 1864. S. 461—480.) Als höchster Ge-
burtsstand erscheint der Stand der Semperfreien oder Hochfreien, wel-
cher die Familien der Fürsten, Grafen und Dynasten umfasst, als zweiter
Stand der Stand der Mittelfreien oder ritterbürtigen Vasallen, den
dritten Stand bilden alle, welche des Lehenrechtes darben und eine
bäuerliche Lebensart führen. Jene mächtigen Geschlechter, welche sich
im erblichen Besitze der Reichsämter und grosser lehenbarer oder allo-
dialer Herrschaften befinden, bilden den Stand der Herrschenden,
den Herrenstand, im Mittelalter allein Adel genannt, welchem die ritter-
bürtigen Geschlechter, als die dienenden, gegenüberstehen. Als
dieser feudalistische Geburtsstandesunterschied zur vollen Ausbildung
gediehen war, stand auch als Grundsatz fest, dass auch in eherecht-
licher Hinsicht sich nur Genossen mit einander verbinden könnten.
Besonders wurde eine Ehe zwischen einem hochfreien Manne und einer
mittelfreien oder ritterbürtigen Frau als Missheirath angesehen, aus wel-
cher die Kinder der ärgern Hand folgten. Schwabensp. Landr. Lassb.