1. Von dem Staatsoberhaupte oder dem Monarchen. 231
ihr neues Verhältniss. Dieser Artikel ist nicht nur deshalb so wichtig, weil
in demselben die Ebenbürtigkeit der mediatisirten Häuser direkt aner-
kannt wird, sondern weil er wenigstens indirekt erklärt, dass in
Deutschland nur die regierenden und die mediatisirten Häuser zum hohen
Adel gehören und im gegenseitigen Ebenbürtigkeitsverhältnisse stehen,
dass aber an dieser Ebenbürtigkeit der blos landsässige, wenn auch hoch-
titulirte Adel regelmässig keinen Antheil hat. Nach diesem Artikel der
Bundesakte und nach dem alten Herkommen des deutschen Fürstenstan-
des sind gemeinrechtlich folgende Ehen der Glieder regierender
Fürstenhäuser als unzweifelhaft ebenbürtige anzusehen:
1)in Deutschland selbst.
a. alleEhen, welche dieregierenden Häuser unter einander schliessen,
ohne Rücksicht auf den höheren oder niederen Titel und Rang des
Hauses;
b. alle Ehen mit den ehemals reichsständischen Häusern, auf welche
A. XIV der Bundesakte anwendbar ist; dazu gehören entschieden alle
Häuser, welche sich bis zum Jahre 1806 im Besitze der Reichsstandschaft
und der Landeshoheit befanden ; doch müssen hierher auch diejenigen
reichsständischen Familien gerechnet werden, deren Landeshoheit schon
zu Reichszeiten eine vertragsmässig untergeordnete war, so entschieden
die Familien Stolbergund Schönburg, deren hochadeliger Familien-
stand nicht bezweifelt werden kann, keineswegs aber die neugräflichen
Personalistenfamilien, welche ohne reichsunmittelbares Territo-
rium, bei einem reichsgräflichen Kollegium immatrikulirt waren. (Per-
nice’squaest. de jure publico Germ. Part. II. p. 22—25.) Noch weniger
können die blossen Titel des hohen Adels einer Familie die Ebenbürtig-
keit, verleihen ;
2) ausserhalb Deutschlands alle Ehen mit Gliedern aus-
wärtiger christlicher regierender Familien, soweit dieselben in gleichbe-
rechtigtem völkerrechtlichem Verkehre mit einander stehen. Christ-
lichkeit ist erforderlich wegen des grundverschiedenen Eherechts nicht
christlicher z. B. muselmännischer Regentenfamilien ; sie reicht aber
nicht aus, denn kein deutsches Fürstenhaus würde das christliche
Herrscherhaus der Sandwichinseln (Hawaii) als ebenbürtig ansehen,
dagegen beschränkt sich die Ebenbürtigkeit nicht auf Europa. Unzweifel-
haft ist das brasilianische Kaiserhaus ebenbürtig. Alles kommt hier auf
den gleichberechtigten völkerrechtlichen Verkehr an, welcher nur
mit Staaten europäischer Gesittung in und ausserhalb Europas stattfindet.
Die Pairschaft aller Regenten dieser Staaten und, wenn ihr Recht erblich
ist, auch ihrer Familien, ist ein allgemein anerkannter völkerrechtlicher
Satz. (Heffter Völkerrecht $ 53. IV. 8 55.) Auch volle Souveränetät
ist nicht nöthig, sondern nur Innehabung einer wahren Staats-
gewalt, wenn sie auch lehenrechtlich oder bundesstaatlich untergeord-
net ist. So waren die deutschen Fürstenhäuser, trotz ihrer Unterordnung
unter Kaiser und Reich, ehedem, so sind sie jetzt, trotz der bundesstaat-
lichen Unterordnung ihrer Staaten, unzweifelhaft allen europäischen
Souveränen ebenbürtig. So ist der Fürst von Bulgarien, trotz der sog.
Suzerainet& der hohen Pforte, als wahrer Regent seines neuen Staates