1. Von dem Staatsoberhaupte oder dem Monarchen 229
Altersvorzug allein ohne weitere Rücksicht nur in Betracht kommt
bei den Söhnen des ersten Erwerbers, sowie des letzten Thronin-
habers. Von da ab verwandelt sich die Succession in eine reine
Linealfolge, Jd. h. es findet ein uubedingtes Repräsenta-
tionsrecht statt, indem selbst der entfernteste Descendent an die
Stelle seiner vorhergestorbenen Ascendenten tritt und ein Ueber-
gang auf eine jüugere Linie nur möglich ıst, wenn in der ältern
Linie gar kein successionsfähiges Mitglied mehr vorhanden ist. Es
wird also immer nur auf den Vorzug der Linie und innerhalb der
Linie auf das Recht der Erstgeburt gesehen. Eine Berücksichtigung
der Gradesnähe ist mit dem klar erkannten Prinzip der reinen
Linealfolge unverträglich ’.
Die andern Successionsarten nach Altersvorzug, das Majorat2,
Königreich Sachsen durch das "Testament Johann Georg’s I. von 1652. Ver-
fassungsurkunde von 1831 $ 6. Sachsen-Weimar durch Herzog Ernst August
1717, kaiserlich bestätigt 1724. Sachsen-Meiningen durch Herzog Georg 1802.
Sachsen-Altenburg (früher Hildburghausen) Primogeniturordnung von 1703 und
1705. Verfassungsurkunde von 1831 Absch. IV. $ 13. Sachsen-Koburg, Primo-
geniturconstit. von 1l716. Staatsgrundgesetz für Koburg-Gotha von 1852. Ab-
schnitt I.$6. Bayern, Testament Albrecht's V. von 1578 (für die ausgestor-
bene bayerische Linie) Verfassungsurkunde von 1818. Tit. Il. $2. Braunschweig
Pactum Henrico-Wilhelminum 1535. Verfassungsurkunde von 1832 $& 14. Würt-
temberg, Herzogsbr. von 1495, brüderlicher Vergleich von 1617. Verfas-
sungsurkunde von 1819 Kap. 287. Baden (Durlach), Testament Georg Fried-
rich’s von 1615. Hausgesetz vom 4. October 1817. Hessen-Darmstadt, Testa-
ment Ludwig’s V. von 1625. Mecklenburg, "Testament Adolf Friedrich's von 1654.
Hamburger Vergleich von 1701 und 1707. Erbvergleich von 1755 8138. Olden-
burg, Cessionsakte von 1773 A. 2. Verfassungsurkunde von 1852. A. 17. $1.
Anhalt (Dessau), Primogeniturordnung von 1727. Lippe-{Detmold), "Testament
Simon’s VI. von 1593 und Simon Heinrich’s von 16941. Schaumburg-Lippe, Pri-
mogeniturordn. des Grafen Philipp von 1668. Verfassungsurkunde von 1868
Tit. II. Art.3. Schwarzburg, Successionsvertrag von 1713 setzt die Primoge-
nitur für beide Linien fest. Schwarzburg-Sondershausen, Verf. von 1857 83.
Reuss, Nebenrecess vom 13. November 1668 $ 3, Geschlechtsrecess von 16%.
Für die jüngere Linie Verfassungsurkunde 1852 & 45. Für die ältere Linie Ver-
fassungsurkunde vom 28. März 1867.$3. Waldeck, Verordnungen Christian
Ludwig’s von 1685. Verfassungsurkunde von 1852 $ 15.
! Vergl. mein R. der Erstgeburt $ 48: »Das Gradualprinzip und die reine
Lincalfolge.« Es dauerte lange, ehe man sich über das Wesen der Linealfolge
vollständig klar wurde und jede Einmischung des Gradualprinzips bei Seite
liess. Damit hing auch die früher vorkommende Auslegung der goldenen Bulle
zusammen, indem man dem dritten Bruder manchmal den Vorzug gab vor dem
Sohn des vorverstorbenen Zweitgeborenen. Ueber Fälle dieser Art in den Häu-
sern Sachsen und Pfalz 8.387 ff. a.a.O. Besonders wo es sich um die Succession
entfernter Seitenverwandte handelte, liessen die Worte: »qui paterno stipiti in
descendenti recta linea proximior fuerit«, einer Auslegung im Sinne des Gra-
dualprinzips einen gewissen Spielraum.
2 Ueber den charakteristischen Unterschied dieser Successionsarten mein