246 I. Das Landesstaatsrecht,
verlangen, entweder in wirklicher Eidesform, wie die bayerische
(T.X 81) und die preussische (A.54), oder als eidliche Zusicherung
durch Patent, wie die oldenburgische, koburg-gothaische und wal-
decksche, oder als feierliches, urkundlich ausgestelltes Versprechen
bei fürstlichem Wort, wie in Sachsen, Württemberg, Grossherzog-
thum Hessen, Sachsen-Weimar, Schwarzburg-Sondershausen,
Reuss j. L.
Es fragt sich nun, welche rechtlichen Folgen eintreten, wenu der
Thronfolger diese feierliche Bestätigung der Verfassung abzugeben
verweigert oder unterlässt. Nach einzelnen Verfassungen werden
diese Folgen ausdrücklich festgestellt, so nach der koburg-gothai-
schen vom 3. März 1852 & 159: »Bevor die über das eidliche Gelöb-
niss auf die Verfassung ausgestellte Urkunde an den Landtag abge-
geben worden ist, kann der Ilerzog keine Regierungshandlungen
vornehmen. In der Zwischenzeit gehen die Regierungshandlungen
von dem Ministerium aus«. Eine fast gleichlautende Bestimmung
findet sich noch in der oldenburgischen Verfassung von 1852 A. 197
$ 3, während die württembergische Verfassung $ LO von der Lei-
stung des königlichen Gelöbnisses nur das Recht des Thronfolgers
abhängig macht, den Huldigungseid in Empfang zu nehmen !. Alle
andern deutschen Verfassungen enthalten über die rechtlichen Fol-
gen der verweigerten Bestätigung keine ausdrücklichen Bestimmun-
gen. Unzweifelhaft ist es eine Verfassungsverletzung, wenn
der neuantretende Monarch es unterlässt oder sich ausdrücklich
weigert, den vorgeschriebenen Eid zu leisten oder die verfassungs-
mässigen Reversalien auszustellen. Iı einem solchen Falle würde
den Landständen, als den Vertheidigern der Verfassung und Ver-
tretern der Volksrechte, die Pflicht obliegen, zur Beseitigung dieser
Verfassungsverletzung alle gesetzlichen Mittel zur Anwendung zu
bringen, wobei besonders die Anklage gegen die sich bei dieser
Weigerung mitbetheiligenden Minister ihre Rolle spielen würde.
Dagegen lässt es sich nicht rechtfertigen, wenn man ın der Unter-
lassung dieser verfassungsmässigen Regentenpflicht einen Verzicht
auf die Krone erblickt oder deducirt, dass wenigstens die Ausübung
I Es darf daher nicht mit Mohl B. I. S. 172 angenommen werden, dass diese
Zusicherung eine aufschiebende Bedingung der gesctzlichen Erwerbung der
Krone sei und dass das württembergische Volk erst nach Erxtheilung dieser Zu-
sicherung dem Thronfolger Gehorsam schuldig sei, wie dies von Reyscher,
Publie. Versuche $. 277, richtig ausgeführt wird. Anders stand freilich die Sache
nach dem Tübinger Vertrage von 1514, welcher ganz auf den Grundsätzen des
alten Territorialstaatsrechtes ruhte.