Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

1. Von dem Staatsoberhaupte oder dem Monarchen. 257 
schweig, Oldenburg, Schwarzburg-Sondershausen Verfassung von 
1857 8 15); in den herzoglich sächsischen Häusern, in Anhalt, Reuss 
und Waldeck gilt auch für den regierenden lIerrn der Termm von 
21 Jahren, in Mecklenburg dauert die Minderjährigkeit bis zum 
vollendeten 19. Jahre. (Hausgesetz vom 23. Juni 1821 $2. llaus- 
gesetze B. II. 8. 242.) 
Die für den Fall der Minderjährigkeit eintretende Regentschaft 
wird als die ordentliche bezeichnet. Dass aber auch noch andere 
Ursachen eine Regentschaft nöthig machen können, versteht sich 
auch da von selbst, wo die Verfassung, wie in Braunschweig $ 16 
und Altenburg $ 16 über solche andere Ursachen sich ausschweigt. 
Ueberall beschränken sich die Verfassungen darauf, den leitenden 
Grundsatz festzustellen, ohne die Gründe der Verhinderung einzeln 
aufzuzählen!; so die preussische Verfassungsurkunde 9 56: » Wenn 
der König minderjährig oder sonst dauernd verhindert ist, selbst 
zu regieren«, die bayerische Verfassungsurkunde Tit. II$ 11: »Sollte 
der Monarch aus irgend einer Ursache, welche in ihrer Wirkung 
länger als ein Jahr dauert, an der Ausübung der Regierung verhin- 
(dert werden «. 
Unzweifelhaft gehören dahin nicht nur geistige, sondein auch 
körperliche? Gebrechen, ebenso langdauernde Abwesenheit des Mo- 
narchen von seinem Lande, besonders eine gezwungene, z. B. Ge- 
fangenschaft, wo der Monarch für die Ausübung der Staatsgewalt 
während seiner Abwesenheit keine Vorsorge getroffen hat, auch 
nicht treffen kann. Wo übrigens, wie in den neuern Verfassungen, 
keine Art der Regierungsunfähigkeit den Thronfolger gänzlich von 
der 'Thronfolge ausschliesst, ist es rechtlich gleichgiltig, ob ein sol- 
  
1 Oldenburger Verfassungsurkunde von 1552 A. 20 und 21. Waldeck Ver- 
fassungsurkunde 1852 $ 19. Königlich Sächsische $ 9. Württembergische $ 11. 
Grossherzogthum Hessen $ 5 spricht von einer Regentschaft während der Min- 
derjährigkeit oder einer andern Verhinderung des Grossherzogs. Ausdrücklich 
bezieht sich auch auf körperliche Fehler die Württembergische Verfassungsur- 
kunde $ 13, welche bestimmt, dass auch »eine körperliche Beschaffenheit« 
die eigene Verwaltung des Reiches unmöglich machen könne«, während nach dem 
Hausgesetze von 1808 »totale inkurable Blindheit« ganz von der Thronfolge aus- 
schliessen sollte. v.Mohl, Württembergisches Staatsrecht B. 1. $.2%. Koburg- 
Gotha Verfassungsurkunde 1852 $ 12 nennt ausser geistiger auch »körperliche 
Schwäche, welche zur Regierung unfähig macht«. 
°® Freilich kann nicht jedes Körperübel, welches nur verunstaltet oder die 
Bewegung erschwert, hierher gezählt werden, sondern nur solche Mängel, welche 
die geistige Entwickelung und das Wahrnehmungsvermögen beeinträchtigen, 
und die eigene, von fremder Unterstützung unabhängige Besorgung der Regie- 
rungsgeschäfte unmöglich erscheinen lassen, machen eine Regentschaft nöthig. 
H. Schulze, Deutsches Staatsrecht. 17
	        
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