Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

Von dem Staatsoberhaupte oder dem Monarchen. >63 
Uebrigens ist es selbstverständlich, dass der zur Regentschaft 
Berufene selbst regierungsfähig, vor allem volljährig sein muss, 
wobei das Alter der Ihronmündigkeit allein entscheiden kann!. 
\Wenn der Berufene die Regentschaft übernimmt, so hat er vor oder 
bei der Uebernahme den Verfassungseid zu leisten, wie er vom 
Monarchen selbst beim Regierungsantritt gefordert wird; doch wird 
derselbe hie und da, wie z. B. in Bayern Tit. II. $ 16, mit Rücksicht 
auf die Regentenstellung modificirt. Eine Weigerung, diesen Eid 
zu leisten, würde als Verzicht auf die Regentschaft anzusehen sein. 
Ein solcher steht dem gesetzlich Berufenen jeder Zeit frei, doch 
würde in dem Verzichte eines Agnaten auf die Regentschaft noch 
kein Verzicht auf die künftige Thronfolge liegen. 
$ 113. 
4) Rechtliche Stellung des Regenten. 
Schon zu Reichszeiten galt ein vormundschaftlicher Landes- 
verweser als wahrer Landesherr und Reichsstand; er führt die auf 
dem Territorium haftende Stimme auf Reichs-, Kreis- und Ge- 
schlechtstagen, ohne irgend eine Einschränkung mit voller Rechts- 
wirkung. Er wurde für die Zeit seiner Vormundschaft mit den 
Regalien belehnt, »tutor est instar vasallic; ihm wurde von den 
Unterthanen gehuldigt, er übt alle Rechte der Landeshoheit ohne 
Unterschied aus. Was die Goldene Bulle VII. $ 4 für den Ver- 
weser eines Kurfürstenthums anordnet:: »jus, vocem et potestatem et 
omnia ab ipsis dependentia tutor ipse sıbi totalıter cum officio 
teneatur protinus assignare«, galt analog für alle landesherrlichen 
Vormünder?. 
— mn 
I Es ist die Frage aufgeworfen worden, wenn für den '[hronfolger ein an- 
derer Volljährigkeitstermin gilt, als für die übrigen Prinzen des Hauses, ob die 
Fähigkeit zur Führung der Regentschaft sich nach jenem oder diesem richte ? 
Kraut,a. a. 0.8. 209, welcher auch hier ausdrücklich die Regentschaft der 
gewöhnlichen Vormundschaft gleich stellt, will die Frage, ob der nächste Agnat 
volljährig sei, nach den für ihn hierüber geltenden Grundsätzen beurtheilen. 
Da aber auch der Agnat, wenn er als Monarch auf den Thron berufen würde, 
mit dem verfassungsmässigen Termin der Thronmündigkeit regierungsfähig sein 
würde, so muss dies auch gelten, wenn er die Regentschaft antreten soll, denn 
es handelt sich hier'um Ausübung ganz derselben Regierungsrechte, und es 
ist dabei gleichgültig, ob der Regent sie im eigenen oder fremden Namen aus- 
zuüben hat. Dieser Ansicht ist auch Moser B. XVII. S. 259. Pers. Staatsr. 
B. I. S. 459: »Warum soll einer nicht tutorio nonine verwalten können, was er 
im eigenen versehen dürfte, da ja zu jenem weder mehr Fähigkeit, noch l.egali- 
tät erfordert wird, als zu diesem.« 
> Mit voller Bestimmtheit spricht Moser, Von der Reichsstände Landen
	        
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