Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

2. Von den Staatsämtern. 313 
der übrigen Civilbeamten wurde bestimmt, dass sie nicht durch den 
einzelnen Departementschef gegen ihren Willen verabschiedet oder 
abgesetzt werden durften, sondern nur nach erfolgtem Gehör, durch 
Stimmenmehrheit der Mitglieder des Staatsrathes, und dass, wo der 
König selbst die Bestallung vollzogen hatte, ihm der auf Entlassung 
gerichtete Beschluss zur Bestätigung vorgelegt werden musste. 
Ueberhaupt hat der zehnte Titel des zweiten Theiles des Allgemeinen 
Landrechtes »von den Rechten und Pflichten der Diener 
des Staates« als die erste Kodifikation des Staats- 
dienerrechtes in Deutschland epochemachend gewirkt. Wie in 
diesem Gesetzbuche zum ersten Male in Deutschland der Staat als 
öffentlichrechtliche Persönlichkeit klar erfasst wird, so wird daraus 
auch der Begriff des Staatsdienustesund des Staatsdieners 
folgerecht abgeleitet. Während man in dem unentwickelten Ter- 
rıtorialstaate nur »landesherrliche Bediente« kannte, neben 
welchen es ständische und andere Angestellte gab, kennt das 
preussische Landrecht nur »Staatsdiener«, welche den Aufgaben 
und Zwecken des Staates, als der einheitlichen, alles beherrschenden 
Persönlichkeit, zu dienen haben. 
Auf Preussen folgte der zweitgrösste deutsche Staat, Bayern, 
mit einer umfassenden Gesetzgebung über das Staatsdienerrecht. 
Es ist dies »die Bayerische Hauptlandespragmatik über die 
Dienstverhältnisse der Staatsdiener, vorzüglich ın Beziehung auf 
ihren Stand und Gehalt vom 1. Januar 1805«. Dieselbe ist ın 
Gönner's Schrift »Der Staatsdienst aus dem Gesichtspunkt des 
Rechtes und der Nationalökonomie« (Landshut 1808) erläutert und 
begründet, sowie die Anschauungen dieses Gelehrten unverkennbar 
auch auf die Entstehung dieses Gesetzes selbst eingewirkt haben. 
Gönner bekämpfte die mit einem wahren Staatswesen unverträg- 
liche privatrechtliche 'Theorie der Cramer'schen Schule, welcher 
auch noch Seuffert und von der Becke gehuldigt hatten. Er 
erklärte das Staatsamt für ein rein Öffentlichrechtliches Verhältniss, 
wobei der Staatsdiener, in Bezug auf seine Funktionen, dem Staate 
gegenüber, nur Pflichten haben könne, und wies nach, dass »ein 
Recht, lem Staate selbst gegen seinen Willen zu dienen«, undenkbar 
sei. Dagegen sprach Gönner dem Beamten ein wohlerworbenes 
Recht auf seinen sogenannten Nahrungsstand zu, wobei er an 
die Dienstpragmatik anknüpft, welche beim Gesammtgehalte des 
Beamten den Standes- und den Dienstgehalt unterscheidet. 
»Der Standesgehalt ist derjenige Besoldungstheil, durch welchen
	        
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