Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

316 1. Das Landesstaatsrecht. 
der wichtigsten Iimzelgesetzgebungen, zu Grunde. Unter seinem Ein- 
flusse sind bereits mehrere Staatsdienergesetze in deutschen Eimzel- 
staaten zu Stande gekommen, so das königlich sächsische Gesetz 
»einige Abänderungen der gesetzlichen Bestimmungen über die 
Verhältnisse der Civilstaatsdiener betreffend« vom 3. Juli 1876, die 
umfassende württembergische Kodifikation in dem Gesetze »be- 
treffend die Rechtsverhältnisse der Staatsbeamten« vom 28. Juni 
18761, das badische Gesetz, » die dienstlichen Verhältnisse der An- 
gestellten der Civilstaatsverwaltung betreffend«, vom 26. Mai 1876 
u.8s.w. Eine eigentlich gemeinrechtliche Normirung haben 
aber die Rechtsverhältnisse der Richter durch das Reichsgerichts- 
verfassungsgesetz vom 27. Januar 1877 gefunden, welches sich auf 
alle richterlichen Beamten im Reiche wie ın den Einzelstaaten 
bezieht. 
$ 128. 
II. Juristische Natur des heutigen Staatsdienstes. 
Staatsdienst im wörtlichen Sinne ist jeder dem Staate 
zur Verwirklichung seiner Aufgaben zu leistende oder geleistete 
Dienst. Ein gesunder lebenskräftiger Staat rechnet auf die aktive 
I'heilnahme aller seiner Bürger an den Aufgaben des Staatslebens. 
Aber von dieser wichtigen allgemeinen bürgerlichen 'Thätigkeit für 
den Staat, mag sıe eine freiwillige oder gesetzlich zu erzwingende 
sein, unterscheiden wir den Staatsdienst im engeren tech- 
nischen Sınne. Derselbe beruht auf dem Bedürfnisse des mo- 
dernen Staates, welcher mit seinen umfassenden Aufgaben einer 
ununterbrochenen berufsmässigen Thätigkeit für die 
Staatszwecke nicht entbehren kann. Der Staatsdienst in diesem 
Sinne kaun daher keine allgemeine Pflicht aller Staatsbürger sein, 
welche ja zunächst ıhren privatwirthschaftlichen Interessen leben 
müssen, sondern gründet sich auf eine speciell übernommene Ver- 
pflichtung zu einer vom Staatsoberhaupte übertragenen, durch be- 
sondere Treue und Gehorsam gegen dasselbe geregelten Thätigkeit 
für ganz bestimmte Staatszwecke. Zum Begriffe des Staatsdienstes 
im technischen Sinne gehört daher erstens, dass der Staatsdienst 
für wahre Staatszwecke, und zwar für speciell normirte Aufgaben 
des Staatslebens geleistet werde, zweitens dass er nicht in vorüber- 
1 Gesetz betreffend die Rechtsverhältnisse der Staatsbeamten sowie der An- 
gestellten an den Latein- und Realschulen vom 28. Juni 1876. Textausgabe mit 
Erläuterungen von Heberle. Stuttgart 1876.
	        
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