Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

320 I. Das Landesstaatsrecht. 
einst in Hannover) künstlich geschraubte Gegensatz zwischen bei- 
den Ausdrücken gehört dem unfertigen Patrimonialstaate, nicht 
dem monarchischen Verfassungsstaate der Gegenwart an. 
$ 129. 
III. Begründung und Beginn des Staatsdienstes, 
In der Zeit, wo man das Beamtenverhältniss vom rein privat- 
rechtlichen Standpunkte auffasste, nahm man auch die Begründung 
desselben durch einen rein privatrechtlichen Vertrag an. Nur 
darüber stritt man, ob derselbe em Precarıum, eine locatio, conduc- 
tio operarum, cin Mandat oder ein Innominatkontrakt nach der 
Formel »do ut facias« sel. Später nahm man einen besonderen 
Dienstvertrag an; derselbe sollte aus einem Hauptvertrage, welcher 
(lie Uebertragung des Amtes, und einem Nebenvertrage, welcher die 
Besoldung zum Gegenstande hätte, zusammengesetzt sein. Diese 
rein privatrechtliche Auffassung wurde zuerst von Gönner mit 
Erfolg bekämpft und der Grundsatz aufgestellt, dass das Staats- 
dienerverhältniss durch einen einseitigen Souverainetäts- 
akt des Staatsoberhauptes begründet wird, welcher sich in der 
Form des Anstellungsdecretes darstellt. Diese Auffassung erwarb 
sich in diesem Jahrhundert allgemeine Anerkennung und konnte 
bisher als ein unbestrittenes Gemeingut der Theorie, wie der Ge- 
setzgebung angesehen werden; sie ıst aber in neuester Zeit von 
Laband (a.a.O. Seite 386) bekämpft worden. Derselbe kehrt zu der 
vertragsmässigen Begründung zurück, freilich in einer etwas modifi- 
cirten Gestalt. Es wird von ıhm anerkannt, dass der Vertrag nicht 
ein blos obligatorisches Verhältniss zwischen dem Staate und seinem 
Beamten hervorruft, sondern denselben ın ein Gewalts- und Ab- 
hängigkeitsverhältniss zum Staate versetzt. Der Dienstvertrag wird 
als ein Vertrag des öffentlichen Rechtes bezeichnet, welcher seine 
Analogie in dem Lehensvertrage und dem dadurch begründeten 
Vasallenverhältnisse haben soll. Wir vermögen ın diesem Versuch 
der Wiederbelebung der Vertragstheorie keinen Fortschritt der 
Wissenschaft zu erkennen. 
Auch wir sınd der Ansicht, dass der Eintritt in den beamten- 
stand auf dem freien Willen des Eintretenden beruht, welcher ın 
irgend einer Weise dargethan werden muss. Wir bestreiten auch 
nicht, dass dem Eintritt in den Beamtenstand gewisse vertragsmäs- 
sige Verabredungen zwischen der Staatsgewalt und dem anzustel- 
lenden Beamten vorausgehen können. Dieselben beziehen sich aber
	        
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