Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

322 I. Das Landesstaatsrecht. 
Lebensberufes genöthigt werden kann. Auch hier nehmen die 
Ehrenämter der Selbstverwaltung eine vom übrigen Staatsdienst ab- 
weichende Stellung ein. Da erstere nie einen ganzen Lebensberuf 
bilden und für ihre Uebernahme allgemeine gesetzliche Vorschriften 
getroffen werden können, so hält sich der Staat für berechtigt, zur 
Uebernahme derselben selbst Zwangsmassregeln anzuwenden. 
Ebensowenig besteht ein Recht auf Anstellung im Staatsdienste. 
Selbst wenn jemand alle Vorbedingungen erfüllt haben sollte, kann 
doch von einem Rechtsanspruche desselben auf die Ertheilung eines 
Amtes keine Rede sein. Ein bestimmter Geburtsstand ist ebenso- 
wenig Bedingung für die Erlangung eines Amtes, wie eine bestimmte 
Konfession. »Die öffentlichen Aemter sind unter Einhaltung der 
von den Gesetzen festgestellten Bedingungen für alle dazu Befähig- 
ten gleich zugänglich.« 
Als solche gesetzliche Bedingungen erscheinen: 
1) Der Vollbesitz der bürgerlichen Ehre. .Ausge- 
schlossen ist die Anstellung solcher Personen, welche mit Zucht- 
haus bestraft und denen zur Zeit die bürgerlichen Ehrenrechte ent- 
zogen sind (Reichsstrafgesetzbuch $$ 31 und 34); aber auch Unbe- 
scholtenheit und guter Ruf werden von den Anzustellenden ver- 
langt. 
2) Nachweis specieller Befähigung durch eine 
allgemeine und berufsmässige Vorbildung. Eine solche 
wird wenigstens von allen denjenigen Beamten verlangt, deren 
Thätigkeit eine höhere wissenschaftliche Vorbildung voraussetzt. 
Solche Vorbedingungen sind: Abiturientenexamen, Universitätsstu- 
dien, Staatsprüfungen, Vorbereitung im praktischen Dienste. Für 
die richterlichen Beamten hat das Reichsgerichtsverfassungsgesetz 
6 2—3 gemeinrechtliche Vorschriften erlassen, welche für alle 
deutschen Staaten gelten. Ueber die Vorbildung der Verwaltungs- 
beamten bestimmt die Landesgesetzgebung. Neben den allgemei- 
nen Vorschriften über die Vorbereitung zum höheren Verwaltungs- 
dienste bestehen überall noch besondere VPrüfungsordnungen für 
specielle technische Verwaltungszweige (Forst-, Berg-, Postwesen). 
Beamte, welche Vermögensobjekte des Staates verwalten, sind 
verpflichtet, eine Kaution zu stellen. Die Bestellung der Amts- 
kaution ist vor der Einführung des Beamten ın das kau- 
tionspflichtige Amt zu bewirken. Dieselbe erscheint daher als eine 
Vorbedingung für die Erlangung eines solchen Amtes. Der Staat
	        
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