Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

346 I. Das Landesstaatsrecht. 
Auch unterscheidet sich die Rechtsstellung der Ausländer da- 
durch von der der Inländer, dass sie alle Wohlthaten der diesseitigen 
Staatsverbindung nur als Gäste geniessen; sie haben ein Recht 
auf den gleichen Rechtsschutz, auf gleiche Behandlung im Gebiete 
des Privatrechtes, jedoch nur so lange, als sie sich eben in dem 
fremden Staate aufhalten; aber sie haben in demselben nicht. wie 
die Inländer, ein unentziehbares Wohnrecht; jeder Staat 
behält sich das Recht vor, Ausländer auch aus politischen Gründen 
auszuweisen, während der Inländer niemals ausgewiesen werden 
kann, ja sogar jeder Zeit in seinem Heimathsstaat wieder aufge- 
nommen werden muss. Seinem Wohnrechte entspricht die Auf- 
nahmepflicht des Staates. Alle Ausländern gewährten Rechte 
haben dagegen fnur einen prekären Charakter, d. h. sie dauern 
nur so lange, als man ihnen den Aufenthalt verstattet. 
Abgesehen von dem persönlichen Aufenthalte im fremden 
Staatsgebiete, können Ausländer auch dadurch in rechtliche Be- 
ziehung zu einem !fremden Staate treten, dass sie in dessen Gebicte 
Grundeigenthum oder Realgerechtigkeiten erwerben. Diese sog. 
Forensen sind für ihre Person keine Staatsangehörigen, aber ihre 
Realitäten sind ein Theil des Staatsgebietes und deshalb in jeder 
Beziehung der Staatsgewalt des betreffenden Staates unterworfen. 
Diese ausländischen Berechtigten sind daher verpflichtet, alle Folgen 
dieser dinglichen Unterordnung ihrer Grundstücke anzuerkennen, 
alle auf diesen Grundstücken liegenden Abgaben an Staat und Ge- 
meinde zu leisten, alle auf ihr Grundeigenthum bezüglichen Gesetze 
zu beobachten, insbesondere sind sie verbunden, wegen aller Klagen, 
welche sich auf ihre im Inlande belegenen Immobilien beziehen, 
sich vor den diesseitigen Gerichten einzulassen. Ueber dieses nor- 
male Verhältniss hat man aber in Deutschland vielfach hinausge- 
griffen, indem man in mehreren Staaten, z. B. Bayern, Sachsen, eine 
weitergehende Unterwerfung des Forensen insoweit angenommen 
hat, dass das Gericht der belegenen Sache auch zum allgemeinen 
Forum für persönliche Klagen gegen Forensen erklärt wurde oder 
von den Forensen sogar Unterthanenpflichten gefordert wurden, 
welche nicht mit dem Besitze von Grundstücken zusammenhingen. 
Diese abnorme Ueberspannung des Rechtsverhältnisses der Forensen 
wird Landsassiatus plenus im Gegensatze zum normalen Landsas- 
siatus minus plenus genannt!. Da der Landsassiatus plenus als eine 
  
! Vergl. über dieses Institut sämmtliche Lehrbücher des deutschen Privat- 
und Staatsrechtes, besonders Eichhorn, $76. v. Gerber, $47. Beseler,
	        
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