Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

3. Von den Staatsangehörigen. 347 
singuläre Belästigung bei der Ausübung des Grundeigen- 
thums betrachtet werden muss, so ist, schon nach der deutschen 
Reichsverfassung, A. 3, kein deutscher Staat berechtigt, die Grund- 
sätze desselben auf die Angehörigen anderer deutschen Staaten in 
Anwendung zu bringen, indem alle Reichsangehörigen in Betreff 
des Erwerbes und Besitzes von Grundeigenthum in ganz Deutsch- 
land gleichgestellt worden sind. Soweit ein solcher noch bestanden 
hat, ist er in Betreff einer weiter ausgedehnten Gerichtspflichtigkeit 
überhaupt jetzt aufgehoben durch die Reichscivilprocessordnung 
vom 30. Januar 1877, $ 25—27, nach welcher die blosse Ange- 
sessenheit mit Grundbesitz nur die Gerichtspflichtigkeit für solche 
Klagen begründet, welche auf diesen Grundbesitz Bezug haben. 
$ 137. 
Staatsgenossen und Staatsbürger. 
Im weitern Sinne versteht man unter Staatsbürgern alle Staats- 
angehörigen, so dass Indigenat, Staatsangehörigkeit mit dem Staats- 
bürgerrechte begrifflich zusammenfällt. Im engern Sinne versteht 
man dagegen unter Staatsbürgern nur diejenigen Staatsangehörigen, 
welche kraft der Verfassung zur aktiven Betheiligung am Staats- 
leben, zur Ausübung besonderer politischer Rechte berufen sind. 
Die Staatsbürger in diesem engern Sinne erscheinen Jdann als die 
eigentlichen aktiven Vollbürger, denen alle übrigen Staats- 
angehörigen als Passivbürger gegenüberstehen. Die Rechte dieser 
vollberechtigten Staatsbürger auf aktive Theilnahme am Staatsleben 
werden auch als die staatsbürgerlichen im engern Sinne, »droits 
politiques«, bezeichnet. Mit Unrecht sieht man in der Bezeichnung 
der Staatsangehörigen als »Unterthanen« eine dem modernen Staats- 
begriffe widersprechende Herabsetzung derselben. Das Wort be- 
zeichnet keine privatrechtliche Erbunterthänigkeit, sondern Unter- 
ordnung unter die Staatsgewalt und ihren verfassungsmässigen 
Inhaber. Die Worte »Unterthan« und »Staatsbürger« heben nur ver- 
schiedene Seiten desselben Begriffes hervor. Beim Unterthanen 
denkt man zunächst an seine Pflichten, besonders an die staat- 
$65. Stobbe, B.I. $43. S. 269. H. A. Zachariä, Theil I. $ 922. S. 486. 
Klüber, $269. S. 384. Die sehr zahlreiche ältere Literatur bei Pütter, 
Th. III. S. 102. Klüber’s Forts. $896. Ueber den vollen Landsassiat in Sachsen 
vergl. v. Römer, Kursächs. Staatsr. Th. II. S. 13, in Bayern Pözl, Ver- 
fassungsr. $ 24. Ueber Preussen v. Rönne, B.]. Abth. II. $ 87. 
ı W. Endemann, Der deutsche Civilprocess. Berlin 1878. B.I. S. 267 
bis 272.
	        
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