Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

3. Von den Staatsangehörigen. 319 
land durch den Speyerschen Reichsabschied von 1529 $9 und 
andere Reichsgesetze (Reichsabschied von 1530 858, Reichsabschied 
von 1570 $ 154—158. Reichs-Polizeiordnung von 1577 Titel 35 $ 7 
u. s. w.) welche bis zum Untergange des Reiches den gemein- 
rechtlichen Zustand in Deutschland bestimmten. (Gerstla- 
cher, Handbuch der deutschen Reichsgesetze. "Theil IX. No VI.) 
Nach dem Vorbilde Englands, welches 1694 die Censur für 
immer beseitigte, wurde das Recht der Pressfreiheit auch ın Frank- 
reich und Nordamerika verfassungsmässig anerkannt, nachdem 
schon im absoluten Königreiche Dänemark die Censur durch Gesetz 
vom 14. September 1770 beseitigt worden war. In die deutsche 
3undesakte Art. XVIII kam die unbestimmte Verheissung: »Die 
Bundesversammlung wird sich bei ihrer ersten Zusammenkunft 
mit Abfassung gleichförmiger Verfügungen über die Pressfrei- 
heit beschäftigen.«e Im Widerspruch mit dieser offenbar auf 
Gewähr der -Pressfreiheit im Gegensatz zur Censur gerichteten Ver- 
heissung wurde das aus den Karlsbader Beschlüssen hervorgegan- 
gene sogenannte provisorische Bundespressgesetz vom 
20.September 1819 im engeren Rathe mit Stimmenmehrheit zum 
Bundesbeschlusse erhoben, welches verordnet, »dass diejenigen 
Schriften, welche in Form täglicher Blätter oder heftweise erschei- 
nen, sowıe solche, welche nicht über 20 Bogen im Drucke stark 
sind, in keinem Bundesstaate ohne Vorwissen und vorgängige 
Genehmigung der Landesbehörden zum Drucke befördert werden 
sollen.«e (G. v. Meyer, Band II, Seite 97ff.) Dieser Bundesbe- 
schluss wurde nach Ablauf der ersten 5 Jahre wieder erneuert und 
durch Bundesbeschluss vom 16. August 1824 zur definitiven Be- 
stimmung erhoben, welche fast dreissig Jahre lang in Deutschland 
mit aller Strenge gehandhabt wurde. Erst das Jahr 1848 machte die- 
sem Zustande ein Ende, indem die Bundesversammlung am 3. März 
1848 beschloss: »Jedem deutschen Bundesstaate wird freigestellt, die 
Censur aufzuheben und Pressfreiheit einzuführen, jedoch unter Ga- 
rantıen, welche die anderen Bundesstaaten und den Bund gegen den 
Missbrauch der Pressfreiheit sicherstellen.« In weitgehendster Weise 
setzte dann Art. IV $ 13 der Grundrechte der deutschen Natıon die 
Pressfreiheit fest: »Jeder Deutsche hat das Recht, durch Wort, 
Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Gedanken frei zu 
äussern. Die Pressfreiheit darf unter keinen Umständen und in 
keiner Weise, namentlich weder durch Censur, noch durch Kon- 
zessionen und Sicherheitsstellungen, Staatsauflagen, Beschränkun-
	        
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