152 1. Das Landesstaatsrecht.
der »miles perpetuus« getreten war. Gestützt auf sein steliendes
Heer konnte der Landesherr jeden landständischen Widerspruch
zum Schweigen bringen. Der Schutz der Reichsgerichte, welcher
grundsätzlich die Stelle der Selbsthilfe vertreten sollte, war deu
mächtigeren Fürsten gegenüber wirkungslos.
2} Die Landesherrn, gestützt auf die Auslegung verschiedener
Reichsgesetze, bestritten den Landständen ihr Einigungsrecht,, in-
dem sie in den Unionen derselben »unziemliche, hässige Bündnisse,
Verstrickung und Zusammenthun der Unterthanen« erblickten, wo-
gegen schon die Wahlkapitulation Karl’s \° Verbote enthalten sollte.
Mit diesem Einigungsrechte fiel auch das freie Selbstversamm-
lungsrecht der Stände hinweg, indem die Fürsten meistens die
Berufung der Landstände, als ausschliessliches Recht, in Anspruch
nahmen. Da es nur selten verfassungsmässig bestimmte "Termine
der Einberufung gab, so lag es in der Hand der Fürsten, die land-
ständischen Versammlungen ganz einschlafen zu lassen. Eine be-
denkliche Rolle spielten dabei die permanenten Landtags-
ausschüsse mit ihrem Selbstergänzungsrechte, welche in vielen
Ländern die allgemeine Ständeversammlung ganz verdrängten.
3) Zwar gab im XVII. Jahrhundert das Steuerbewilli-
gungsrecht den Landständen immer noch einen bedeutenden
Einfluss auf die Landesangelegenheiten, aber gerade in den grös-
serın Territorien, vor allem in den österreichischen und branden-
burgischen Landen, setzten sich die Landesherın, welche vor allem
eine stehende Heeresmacht auf gesicherter finanzieller Grundlage
zu schaffen suchten, auch in dieser Beziehung immer mehr über die
Zustimmung der Landstände hinweg und betrachteten dieselben
lediglich als eine Behörde, welche zur Vertheilung und Erhebung
der Steuern benutzt werden konnte. Ebenso nahmen die Landes-
herrn meistens das alleinige Gesetzgebungsrecht in Anspruch, wo-
neben höchstens ein ständischer Beirath zulässig erschien. Vor
allem wurde die Theilnahme der Stände auf dem Gebiete der aus-
wärtigen Politik und der innern Landesverwaltung (sog. Polizei) aufs
entschiedenste zurückgewiesen. Damit war eigentlich ihre Theil-
nahme auf allen Gebieten des öffentlichen Rechts so gut wie
beseitigt.
4) Diesen absolutistischen Bestrebungen der Landesherrn
kam die Doktrin der romanisirenden Juristen zu Hülfe, welche in
jedem deutschen Landesherrn einen » princeps legibus solutus« er-
kannten, das »quod principi placuit, legis habet vigorem« als höch-