Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

3. Von der Verschiedenheit der Staaten nach ihrer Verfassungsform. 37 
Als wesentliche Merkmale, welche die konstitutionelle Mo- 
narchie von der absoluten scheiden, können nur folgende allgemeine 
Momente betrachtet werden: 
1) Während der Monarch im absoluten Staate in seinem Regen- 
tenberufe nur durch sittlich-naturrechtliche Schranken gebunden 
ist, ıst er ım konstitutionellen Staate positiv-rechtlich in der Aus- 
übung der ihm zustehenden Gewalt begrenzt und verfassungsmässig 
bestimmt. Auch der absolute Monarch ist zwar in seinen Regie- 
rungshandlungen an das Gesetz gebunden, so lange es eben 
Gesetz ıst. Da er aber jeder Zeit das Gesetz nach eigenem Er- 
messen ändern kann, so bindet ihn das Gesetz nur solange, als er 
daran gebunden sein will. In der konstitutionellen Monarchie ist 
(las Gesetz eine Macht auch über dem Monarchen. Vor allem ist 
die Verfassung, als das wichtigste, die Staatsform selbst fest- 
stellende Gesetz, jeder willkürlichen Veränderung durch den Mo- 
narchen entzogen. Dabei ist es nicht nöthig, dass die Verfassung in 
einem sog. Grundgesetze kodificirt sei; dieselbe kann auch auf ein- 
zelnen Gesetzen oder auf Gewohnheitsrecht beruhen (wie bekannt- 
lich in England). Wer behauptet, dass der Monarch aus irgend einem 
Grunde die Verfassung einseitig ändern könne, negirt die Grund- 
feste des konstitutionellen Staatsrechtes. 
2) Durch die Verfassung ist die Freiheitssphäre der Unter- 
thanen dem Monarchen gegenüber abgesteckt, sodass er in dieselbe 
nicht willkürlich eingreifen darf, individuelle Sphäre der Volks- 
freiheit, negative Freiheitsrechte. Ohne solche Grundrechte der 
Bürger ist die konstitutionelle Monarchie undenkbar, wenn auch 
der übliche Katalog nichtssagender Grundrechtsphrasen von lehr- 
buchartiger Allgemeinheit weder nöthig, noch wünschenswerth ist. 
3: In der konstitutionellen Monarchie ist der Monarch bei Aus- 
übung der staatlichen Funktionen an die Mitwirkung mehr oder 
weniger selbständiger Organe gebunden, ohne die er mit rechtlicher 
Gültigkeit gar nicht handeln kann. Das wichtigste Organ ist die 
Volksvertretung, deren Aufgabe es ist, die Interessen und 
Rechte der Staatsbürger gegen jede etwaige Verletzung zu verthei- 
digen und, ohne selbst zu regieren, den Gang der Regierung im 
volksthümlichen Sinne zu bestimmen und zu beeinflussen, indem 
dieselbe gerade in den wichtigsten Staatsangelegenheiten ohne die 
Zustimmung der Volksvertretung nicht staatlich handeln kann. 
Das Vorhandensein eines solchen selbständigen Staatsorgans, 
in welchem sich dic 'lheilnahme des Volkes an der Ausübung der
	        
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