Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

500 I. Das Landesstaatsrecht. 
Unabhängigkeit; Frankfurt a. M. wurde durch die Wiener Kon- 
gressakte $ 46 wieder zur freien Stadt erklärt: »La ville de Franc- 
fort, avec son texritoire, tel quiil se trouvait en 1803, est declaree 
libre et fera partie de la ligue Germanigue.« Die so wieder zur 
staatlichen Selbständigkeit gelangten vier freien Städte traten 
als Mitglieder in den deutschen Bund, an dessen Stiftung sie be- 
reits theilgenommen hatten. Durch das Gesetz vom 10. September 
1866 wurde die freie Stadt Frankfurt dem preussischen Staate ein- 
verleibt (S. 152). Dagegen behielten Lübeck, Bremen und 1lam- 
burg ihre staatliche Unabhängigkeit, traten dem norddeutschen 
Bunde beı und sind jetzt Glieder des deutschen Reichst. 
II. Quellen des Staatsrechtes der freien Städte. ? 
Es kommen hier nur die noch bestehenden freien Städte Lübeck, 
Bremen und Hamburg in Betracht. 
1) Lübeck. Die Hauptgrundgesetze der ältern Verfassung 
Lübecks bilden, nächst kaiserlichen Privilegien, die Konkordate 
zwischen Rath und Bürgerschaft von 1416, 1534, 1535, der Recess 
von 1665 und der Hauptrecess vom 9. Juli 1669. Die alte Verfas- 
sung Lübecks wurde nach Befreiung von der Fremdherrschaft wieder 
hergestellt. Die längst beabsichtigte Reform wurde 1844 ernstlich 
in Angriff genommen. Nachdem bereits 1846 eine Vereinbarung 
zwischen dem Rathe und den bürgerlichen Kollegien erzielt worden 
war, trat am 8. April 1848 »die Verfassungsurkunde für 
die freie und Hansestadt« Lübeck in Kraft. Allein diese 
Verfassung befriedigte die Ansprüche des Jahres 1848 nicht und 
I Seit der Auflösung des Reiches vom Jahre 1806 nannten sich die übrig 
bleibenden freien Reichsstädte nur noch freie Städte. Der dreissigjährige 
Krieg hatte auch die Macht der alten Hanse gebrochen, 1630 war der letzte 
Hansetag zu Lübeck gehalten worden. Aber als der grosse Bund seitdem 
zerfiel, traten die drei eng zusammengehörigen Städte Lübeck, Bremen und Ham- 
burg in eine neue Finigung, welche den Sturm der Zeiten überdauert hat und 
die Pflanzstätte hanseatischen Geistes bis auf die Gegenwart geblieben ist. Da- 
her verbinden sie mit Recht die ehrenvollen T “eichungen einer freien und 
Hansestadt. Auch in juristischer Beziehung werden dieselben als Rechts- 
nachfolger der alten Hanse angesehen, wo es sich um wirklichen Besitz 
derselben handelt (Verkauf des Stahlhofes in London, Oesterches Haus in Ant- 
werpen), da die Hanse nie aufgehoben ist und in ihnen fortgedauert hat. 
2 Die ältern Grundgesetze finden sich in J. J. Moser ’'s Reichsstädtischem 
Handbuch. Tübingen 1732. 2 starke Bände, und in Lünig 's Reichsarchiv Part. 
spec. Cont. IV Ueber die Quellenliteratur der einzelnen Städte vergl. H. A. Za- 
chariä, D. Staats- und Bundesrecht Th. I. $ 123.
	        
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