Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

>06 I. Das Landesstaatsrecht. 
Entscheidung gefasste Beschluss hat ohne weiteres 
mit einem gemeinsamen Senats- und Bürgerschlusse 
völlig gleiche Kraft und Gültigkeit. 
IV. Der Senat oder Rath. 
Nach althanseatischem Staatsrechte stand dem Senate überall 
das Recht der Selbstergänzung zu. Dies ist in allen drei neuern 
Verfassungen weggefallen; man hat aber auch nirgends an dessen 
Stelle blosse Wahl durch die Bürgerschaft oder gar allgemeine 
Volkswahl gesetzt, sondern hat, ganz ım Geiste der Verfassung. den 
beiden obersten Organen eine Betheiligung an den Senatsergän- 
zungswahlen eingeräumt, indem ein aus dem Senat und der Bürger- 
schaft zusammengesetztes Wahlkollegium gebildet wird. Der 
Sache nach ist das auch in Hamburg der Fall. Das Wahlver- 
fahren ist ın allen drei freien Städten ein verschiedenes, zum Theil 
sehr umständliches. Ueberall werden die Senatoren lebensläng- 
lich gewählt. In Hamburg besteht der Senat aus 18 Mitgliedern, 
ebenso in Bremen, in Lübeck aus 14. Ausser andern allgemeinen 
Eigenschaften der passiven Wahlfähigkeit (volles Bürgerrecht, Wohn- 
sitz in der Stadt, bestimmtes Alter, keine zu nahe Verwandtschaft 
mit Mitgliedern des Senats) werden bei der Wahl der Senatoren 
überall gewisse Berufsstände berücksichtigt. Als die beiden 
Hauptelemente erscheinen Rechtsgelehrte und Kaufleute. 
So müssen in Hamburg von 18 Senatoren 9 die Rechts- oder Kame- 
ralwissenschaften studirt haben, von den übrigen 9 müssen 7 Kauf- 
leute sein, nur die zwei übrigen werden ohne Rücksicht auf Aus- 
bildung und Beruf erwählt. (In Lübeck 8 Gelehrte, darunter 
wenigstens 6 Juristen, 6 Nichtgelehrte, daruuter wenigstens 5 Kauf- 
leute, in Bremen 10 Juristen, 5 Kaufleute). Die Bürgermeister, 
deren Zahl und Amtsdauer verschieden ist, werden vom Senate aus 
seiner eigenen Mitte gewählt, sie führen den Vorsitz im Senat. 
Die staatsrechtlichen Befugnisse des Senates anlangend. so ver- 
einigt er in sich zwei Eigenschaften, »er ist Mitinhaber der 
höchsten Staatsgewalt, zugleich aber, als oberste Re- 
gierungsbehörde, Repräsentant derselben«. Als Inhaber der 
vollziehenden Gewalt und oberste Verwaltungsbehörde übt er die 
Aufsicht über sämmtliche Zweige der Verwaltung. Dagegen ist 
ıhm, seit grundsätzlicher Trennung der Justiz von der Verwaltung, 
die ihm sonst allgemein zustehende Gerichtsbarkeit völlig ent-
	        
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