512 Il. Das Landesstaatsrecht.
Eine analoge Stellung nimmt in der heutigen Verfassung Bre-
mens dasBürgeramt, als Ausschuss der Bürgerschaft, ein: das-
selbe ist gebildet aus dem Geschäftsverstande und aus 18 andern
Mitgliedern, welche von der Bürgerschaft gewählt werden. Das
Bürgeramt hat die Verpflichtung, a. auf die Aufrechthaltung der
Verfassung, der Gesetze und Staatseinrichtungen fortwährend zu
achten und, wenn es Mängel oder Beeinträchtigungen wahrnimmt,
der Bürgerschaft deshalb zu berichten; b, alle Mittheilungen des
Senates für diese entgegenzunehmen und alle für den Senat be-
stimmten Mittheilungen der Bürgerschaft an den Senat gelangen zu
lassen; c. die Versammlungen der Bürgerschaft zu veranstalten, die
Tagesordnung festzustellen und dem Senate von der Veranstaltung
einer Versammlung. unter Mittheilung der Tagesordnung. Anzeige
zu machen.
In Lübeck besteht der Bürgerausschuss aus 30 Per-
sonen, welche von der Bürgerschaft aus ihrer Mitte auf zwei Jahre
gewählt werden. Derselbe ist theils eine vorberathende Behörde
für alle an die Bürgerschaft gelangenden Gegenstände, wobei ihm
das Recht zusteht, Anträge und Vorschläge zu machen, theils übt
er, innerhalb der verfassungsmässig bestimmten Grenzen, die der
Bürgerschaft zustehenden Befugnisse im Namen der Bürgerschaft aus.
Während so der Bürgerausschuss (Bürgeramt! als ein wichtiges
Glied ım Organısmus der Verfassung der freien Städte erscheint,
nehmen die Deputationen eine ähnliche Stellung in der Ver-
waltung derselben ein. Die oberste Leitung derselben ist den
Händen des Rathes, die einzelnen Verwaltungszweige sind den De-
putationen übertragen, die fast durchgängig aus Mitgliedern des
Rathes und der Bürgerschaft zusammengesetzt sind.
Die Gesetzgebung verfügt, für welche Zweige der Verwaltung
solche Deputationen bestehen sollen. Die letzteren werden aus den
dazu ernannten Senatsmitgliedern und einer Anzahl von Bürgern
zusammengesetzt. Die Wahl der Mitglieder der verschiedenen De-
putationen ist gesetzlich sehr verschiedenartig bestimmt. In diesem
permanenten Zusammenwirken von Senat und Bürgerschaft, auch
auf dem Gebiet der Verwaltung, liegt das eigenthümliche Moment
dieses republikanischen Verwaltungsrechts, welchem auch die hierar-
chische Unterordnung der Behörden, wie sie in monarchischen
Staaten besteht, unbekannt ist. Alle diese Verwaltungsdeputationen
stehen ohne alle Rangordnung in gegenseitiger Unabhängigkeit
nebeneinander, nur dem Senat als der obersten Regierungsbehörde