Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

Von der Justiz. 543 
terste Instanz durchgeführt. Dies Gesetz vom 24. August 
1790 ist zum Vorbilde für die ganze kontinentale Ge- 
setzgebung geworden. Unzweifelhaft auch für die 
deutschen Staaten. 
Diese zuerst in Frankreich vollzogene moderne Grenzregu- 
lirung zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden ging aber 
keineswegs von dem Gedanken aus, dass man alle Rechtssachen 
in jenem oben erörterten allgemeinen Sinne den Gerichten zur 
Entscheidung übergeben müsse. Der Verwaltung wird untersagt, 
in das Gerichtswesen überzugreifen : »les administrateurs ne peu- 
vent ni s’immiscer dans l’exerceice du pouvoir judiciaire — ni rien 
entreprendre sur l’ordre judiciaire«, den Gerichten wird aber ebenso 
verboten, die Thätigkeit der Verwaltung irgendwie zu stören: »Les 
juges ne peuvent pas troubler de quelque maniere, que ce soit, les 
operations des corps administratifs ni citer devant eux les ad- 
ministrateurs pour raison de leurs fonctions«. Indem diese soge- 
nannte Selbständigkeit der Verwaltung so aufgefasst wurde, 
dass alle Akte der Verwaltungsbehörden jeder gerichtlichen Kon- 
trolle entzogen wurden, bedeutete dieselbe in Frankreich nichts 
Anderes, als die vollständige Verdrängung der Gerichte vom Ge- 
biet des Öffentlichen Rechtes, besonders des Verwaltungsrechtes. 
Es wurden die ordentlichen Gerichte auf den Schutz der indivi- 
duellen Privatrechte beschränkt, während die gesammte Recht- 
sprechung des öffentlichen Rechtes, soweit dabei die Handlungen 
von Verwaltungsbehörden in Betracht kamen, ihnen entzogen 
wurde. Zwar hat sich in Deutschland diese Scheidung nicht so 
grundsätzlich scharf vollzogen, wie in Frankreich, doch steht auch 
hier fest, dass die Thätigkeit der ordentlichen Gerichte wesentlich 
auf zwei Gebiete beschränkt ist, auf die des Privatrechtes und 
des Strafrechtes. 
i) Indem sich im Privatrechte eine vom Staate geschiedene 
selbständige Rechtssphäre darstellt, welche der Staat nur unter 
seinen Schutz nimmt, so ist es naturgemäss, dass der Staat, um 
ein möglichst objektives Urtheil zu gewähren, alle derartigen Strei- 
tigkeiten solchen Behörden anvertraut, welche, wie die ordent- 
lichen Gerichte, in ihrer eigentlichen Funktion von dem jeweiligen 
Machthaber völlig unabhängig, nur nach dem bestehenden Recht, 
den einzelnen Fall zu entscheiden haben. So ist jetzt in Deutsch- 
land, wie in allen cinllisirten Ländern europäischer Gesittung, der 
Grundsatz angenommen, dass alle auf dem Gebiete des
	        
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