Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

42 I. Grundbegriffe des allgemeinen Staatsrechtes. 
und Fälle erheben sich die Vereinsverträge oder Konföde- 
rationen für dauernde Interessen mit gemeinsamen Anstalten und 
ausführenden Organen. Dazu gehört vor allem der Staaten- 
bund, als die innigste völkerrechtliche Vereinigung mehrerer 
Staaten. Derselbe unterscheidet sich von blos vorübergehenden 
Bündnissen und Alliancen dadurch: 
1) dass es immer wesentliche Aufgaben des Staatslebens 
sein müssen, für welche die Verbindung stattfindet (nicht etwa blos 
ein bestimmtes Benehmen für den einzelnen Fall oder Vertheidi- 
gung gegen einen bestimmten Feind, sondern überhaupt äussere 
und innere Sicherheit, Aufrechterhaltung der Integrität u. s. w.); 
2) dass der Staatenbund seinem Prinzip nach einen dauern- 
den Charakter hat. Weil eben jene gemeinschaftlich gemachten 
wesentlichen Interessen eine fortwährende Fürsorge beanspruchen, 
muss auch der Bund, als Träger dieser gemeinsamen Besorgung, 
dauernd errichtet werden; 
3) dass ein gemeinsames Organ vorhanden sein muss, welchem 
nach der Bundesverfassung die Leitung der gemeinsamen Ange- 
legenheiten anvertraut ist. Mit einem solchen leitenden Organe 
pflegen dann noch andere bleibende gemeinsame Bundesanstalten 
verbunden zu sein; 
4) dass der Staatenbund auf dem Gebiete des Völkerrechtes 
ein selbständiges Rechtssubjekt ist. Während ernachinnen 
durchaus keine unmittelbare staatsrechtliche Herrschaft üben kann. 
stehen ihm im Staatenverkehre alle Prärogativen einer völkerrecht- 
lichen Persönlichkeit zu. Er ist zwar nicht staatsrechtlich, wohl 
aber völkerrechtlich zur Person organisirt. Dadurch unterscheidet 
er sich wesentlich von andern Vereinsverträgen. Dem deutschen 
Zollverein fehlte die völkerrechtliche Persönlichkeit, er war ein 
blosser Gesellschafts- oder Vereinsvertrag, die Staaten des Zollver- 
eins, »les etats de Zollverein«, erschienen stets nur als einzelne 
Staatspersönlichkeiten, der deutsche Bund, »confederation ger- 
manigque«, war völkerrechtlich eine einheitliche Terson und damit 
ein Staatenbund. 
Der Staatenbund ist in seiner Einheit eine völkerrechtliche 
Persönlichkeit im auswärtigen Staatenverkehre, aber in seinen 
innerer Beziehungen kein Gesammtstaat. Es giebt keine unabhängig 
herrschende staatliche Centralgewalt, sondern nur eine vertrags- 
mässige S ocialgewalt mit scharf begrenzter Kompetenz, ohne 
eigentliche Hoheitsrechte. Der Staatenbund ist eine Verbindung
	        
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