Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

Von der Justiz. 567 
Vorschriften über die Qualifikation und Anstellung richterlicher 
Beamten gebunden. 
2) Das Oberaufsichtsrecht über alle Gerichte wird 
von der Krone ebenfalls durch das Justizministerium ausgeübt. Dies 
schliesst die Befugniss in sich, Visitationen und Geschäftsrevisionen 
aller Civil- und Kriminalgerichte, sowie der damit verbundenen 
Anstalten, z. B. der Gefängnisse, vorzunehmen, sich Bericht er- 
statten, sich statistische Uebersichten und Tabellen über die Ge- 
schäftsthätigkeit der Gerichte einsenden zu lassen, wodurch dem 
Ministerium Gelegenheit gegeben wird, die vorhandenen Mängel 
kennen zu lernen und ihnen wo möglich Abhülfe zu verschaffen. 
Damit hängt auch das Recht zusammen, auf Grund eingegangener 
Beschwerden über verweigerte oder verzögerte Justiz Bericht zu er- 
fordern und, sofern die Beschwerden begründet gefunden werden, 
sogenannte mandata de administranda justitia an die Gerichte zu 
erlassen, doch dürfen sıch derartige Befehle nie auf den materiellen 
Inhalt von Richtersprüchen beziehen. Beschwerden letzterer Art 
können nur im geordneten Instanzenzuge der Gerichte erledigt 
werden, während Beschwerden, welche sich auf die Disciplin und 
den Geschäftsbetrieb der Gerichte, z. B. auf angebliche Verzögerung 
und Verschleppung der Justiz beziehen, bei der vorgesetzten Auf- 
sichtsbehörde angebracht werden können. 
3) Nach unserer heutigen Gerichtsverfassung steht der Justiz- 
verwaltung ein weitgehender Einfluss auf die Einleitung eines 
Strafverfahrens zu. Mit dem Anklageprocess hat man in 
Deutschland auch das Institut des Staatsanwalts aufgenommen, 
welcher nach richtigen Grundsätzen nur der öffentliche An- 
kläger sein soll; derselbe hat nicht die Unabhängigkeit eines 
richterlichen Beamten, sondern ist von den Weisungen des Justiz- 
ministers abhängig. Dagegen sind die weitergehenden Befugnisse, 
welche den Staatsanwälten nach dem Vorbild des französischen 
mimistere public in einzelnen Staaten zustanden, durch die Reichs- 
gesetzgebung beseitigt!; besonders darf ihnen eine Dienst- 
aufsicht über die Richter nie übertragen werden 
(Reichsgerichtsverfassungsgesetz $ 152), noch dürfen sie jemals 
tichterliche Funktion wahrnehmen. Im Civilprocess tritt 
! Eine scharfe, aber gerechte Kritik dieses französischen ministere public 
giebt F. v. Holtzendorff in seiner Reform der Staatsanwaltschaft in 
Deutschland. Berlin 19864. In gleichem Sinne sprechen sich Autoritäten wie 
Planck, Gneist, v. Baru.s.w. aus.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.