Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

Die Verwaltung. 877 
rechtliche, welche sich einander nichts angehen. Der Staat ist nur 
eine Persönlichkeit mit verschiedenen Seiten, die principale ist die 
staatlich beherrschende, publicistische; hier ist der Staat recht 
eigentlich in seiner Lebenssphäre; aber damit er seiner Aufgabe 
genügen kann, bedarf er materieller Mittel und muss in den privat- 
rechtlichen Verkehr eintreten können. Zu diesem Zwecke wird er 
als Subjekt von Vermögensrechten gedacht und erscheint hier in 
einer Nebeneigenschaft, welche nur vorhanden ist, um seiner 
Hauptaufgabe, der staatlichen Beherrschung, zu dienen. Auch 
hat jeder Staatnur Einen Fiskus. Wenn man von Militär-, 
Zoll-, Steuer-, Domänenfiskus spricht, so bezeichnet man damit nicht 
mehrere Persönlichkeiten, sondern nur verschiedene Behörden 
und Kassen derselben Person, welche aus Gründen der Verwal- 
tungsordnung äusserlich getrennt sind, weshalb z. B. Kompensa- 
tionen unter ihnen nicht zulässig sind und jeder gerade an die 
Kasse zahlen muss, welcher er verpflichtet ist (v. Rönne, Bd. I. 
Abth. II. S. 586. Unger, Oesterr. Privatrecht, Bd. I. 8. 337. 
Nr. 27). Anders steht jetzt die Sache im deutschen Reiche. Ne- 
ben dem Landesfiskus steht jetzt als selbständige, 
getrennte Persönlichkeit der Fiskus des deutschen 
Reiches. Wie in unserem ganzen bundesstaatlich gegliederten 
Staatsleben ein Dualismus vorhanden ist, indem gewisse Staats- 
aufgaben durch das Reich, andere durch die Einzelstaaten besorgt 
werden, so ist auch eine Duplicität des Fiskus unvermeidlich. 
\Während der deutsche Bund sich nie zum Begriffe eines Bundes- 
fiskus erhoben hatte und mit einem blossen Gesellschaftsvermögen 
auskam, war mit der Schöpfung des norddeutschen Bundes, jetzt 
des deutschen Reiches, ein Fiskus von selbst gegeben, da mit 
jedem wirklichen Staate die Existenz eines Fiskus nothwendig ver- 
bunden ist, wie ein solcher auch durch die Bundes- und Reichs- 
gesetzgebung ausdrücklich anerkannt ist. Der Staat in vermögens- 
rechtlicher Beziehung hat in der Regel nur diejenigen Rechte, 
welche Privatpersonen zustehen; Ausnahmen müssen ausdrücklich 
bestimmt sein, doch giebt es in allen deutschen Staaten noch solche 
Ausnahmerechte, privilegia fisci. Da das Reich für verschiedene 
Staatsaufgaben ganz an die Stelle des Einzelstaates getreten ist, so 
muss der jetzt theilweise an die Stelle des Landesfiskus gerückte 
entstandenen »Staatsministerialbelehrung für die Landgerichte« in Preussen von 
1831. Vergl. mein preuss. Staatsr. B. II. S. 366.
	        
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