Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

578 Il. Von den Funktionen des Staatsorganismus. 
Reichsfiskus alle diejenigen Privilegien und Rechte haben, welche 
das Landesrecht dem Landesfiskus zuweist. In Bezug auf die Be- 
freiung von Steuern und anderen dinglichen Lasten, sowie in Bezug 
auf den Gerichtsstand, hat dieser Grundsatz eine ausdrückliche 
reichsgesetzliche Anerkennung gefunden (Reichsgesetz über die 
Rechtsverhältnisse der zum dienstlichen Gebrauche einer Reichs- 
verwaltung bestimmten Gegenstände vom 25. Mai 1873, $ 1); er 
muss aber auch hinsichtlich der privatrechtlichen Bevorzugungen 
gelten!. Der allgemeine Gerichtsstand des Fiskus wird durch den 
Sitz der Behörde bestimmt, welche berufen ist, den Fiskus in einem 
Rechtsstreite zu vertreten (Reichscivilprocessordnung $ 20). 
Das Staatsvermögen zerfällt nach seiner Zweckbestimmung in 
zwei Hauptbestandtheile, in Gebrauchsvermögen und wer- 
bendes Vermögen, wofür auch Verwaltungsvermögen 
und Finanzvermögen gesagt wird. Unter Gebrauchsvermögen 
des Staates versteht man den Inbegriff derjenigen Gegenstände, 
welche nicht dazu bestimmt sind, dem Staate einen Ertrag zu geben 
und eine Quelle von Einnahmen zu sein, sondern welche in ihrer 
Benutzung nur als Mittel für öffentliche Zwecke zu dienen haben 
(z. B. Kasernen, Festungswerke, Gerichtsgebäude, Strassen, Wege, 
Museen, Bibliotheken); sie erscheinen als Gebrauchsgegenstände, 
welche als Inventar zu den einzelnen Zweigen der Verwal- 
tung gehören, sie stehen daher regelmässig nicht unter dem Finanz- 
ministerium, sondern unter den Chefs der betreffenden Verwal- 
tungszweige. Die Gegenstände des werbenden Vermö- 
gens dienen nicht unmittelbar den Staatszwecken, 
sondern liefern nur dem Staate Erträge, durch welche 
er einen grösseren oder kleineren Theil seiner Ausgaben decken 
kann. Während die Gegenstände des Gebrauchsvermögens durch 
die selbständigen Zwecke der einzelnen Verwaltungszweige be- 
stimmt werden, erscheint Erwerb, Besitz, Verwaltung und Ver- 
äusserung der Gegenstände des werbenden Vermögens nur ab- 
hängig von finanziellen Rücksichten. Als Inhaber des Gebrauchs- 
vermögens kommt zwar der Staat auch in seiner privatrechtlichen 
Stellung, als Fiskus, in Betracht, wird aber in der Behandlung 
dieser Gegenstände wesentlich durch die öffentlichen Rücksichten 
der einzelnen Verwaltungszweige bestimmt. 
I Laband, Das Finanzrecht des deutschen Reichs. Annalen des deutschen 
Reiches. Jahrg. 1573. 8.411. G. Meyer $ 208. 8.542. Dernburg, Preuss. 
Privatr. $ 57.
	        
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