Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

Die Verwaltung. 981 
reichsgesetzlich die Befugniss beigelegt wurde, ihre Unterthanen 
für die Leistung der ihnen obliegenden Reichs- und Kreisbeiträge 
heranzuziehen (Reichstagsabschied 1530, $118, von 1542, 24, 1548, 
$ 102. Wahlkap., Art. XV 8 3). Später dehnte man diesen 
Grundsatz auch auf diejenigen Steuern aus, welche zur Erhaltung 
der Landesfestungen und Garnisonen, sowie zur Bestreitung der 
Legationskosten für Reichs- und Kreistage nothwendig waren 
(Reichstagsabschied von 1654, $& 180. Wahlkap., Art. XV. 83). 
Das Attentat, welches die Reichsstände gegen das Steuerbewilli- 
gungsrecht der Landstände beabsichtigten, wurde durch das Veto 
Kaiser Leopold’s I. 1670 zurückgewiesen; dagegen suchten nun die 
Landesherren auf eigene Faust sich Einnahmequellen zu ver- 
schaffen, welche von der Bewilligung der Landstände unabhängig 
waren; sie benutzten dazu die Regalien, welche sie jeder stän- 
dischen Einwirkung zu entziehen und immer weiter auszudehnen 
wussten, auch suchten sie den Landtagen die Bewilligung perma- 
nenter Steuern für bestimmte Zwecke abzunöthigen, welche keiner 
periodischen Erneuerung bedurften. Dazu gehörte vor allem die 
Kontribution, eine Abgabe vom Grundeigenthum, zur Erhal- 
tung des Militärs; auch die Accise wurde in diesem Sinne aus- 
gebildet, jene für das platte Land, diese für die Städte. Mit 
Hülfe dieser beiden Steuern gelang es hie und da den Landes- 
herren, besonders in den verschiedenen Gebieten des Staates Bran- 
denburg-Preussen seit dem Grossen Kurfürsten, das Steuerbewil- 
ligungsrecht der Landstände so gut wie ganz zu beseitigen. Auf 
der Grundlage der absoluten Fürstengewalt wurde hier 
zuerst ein einheitlicher Staatshaushalt hergestellt. 
Aber auch in den Ländern, in welchen sıch dies landständische 
Steuerbewilligungsrecht erhalten hatte, unterschied man im vorigen 
Jahrhundert zwischen nothwendigen Steuern, die durch Reichs- 
oder Landesgesetz oder Herkommen begründet waren, und frei- 
willigen, deren Bewilligung ganz im freien Ermessen der Land- 
stände stand, während sie bei den nothwendigen Steuern nicht über 
das Ob? und Wieviel?, sondern nur über das Wie? der Aufbrin- 
gung zu befinden hatten. 
Erst durch die konstitutionellen Verfassungen kam in diesem 
Jahrhundert in den meisten Staaten eine Neugestaltung der Finanz- 
verwaltung im einheitlichen und staatlichen Sinne zu Stande, wie 
sie in Preussen schon durch den absoluten Staat ım X VIII. Jahr- 
hundert durchgeführt war. Vor allem erfuhr das schwankende, 
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