Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

Die Verwaltung, 587 
ruhen, nicht verweigern dürfen (S. 479)«, sie erkennen daher kein 
Steuerbewilligungsrechtin dem Sinnean, dass die für den Staatsbedarf 
nothwendigen Steuern auch willkürlich verweigert werden könnten, 
und sprechen dies indirekt dadurch aus, dass sie den Ständen ver- 
bieten, die »Bewilligung der Steuern an Bedingungen zu knüpfen, 
welche den Zweck und die Verwendung derselben nicht betreffen«. 
(Bayern, Tit. VII, $ 9. Baden, $56. Württemberg, $ 113. Hessen, 
868. Bundesbeschluss vom 28. Juni 1832.) Andere Verfassun- 
gen, wie die preussische, gewähren dagegen den Kammern ein 
scheinbar unbeschränktes Einnahme- und Ausgabebewilligungs- 
recht; doch müssen auch hier die oben entwickelten Schranken, 
welche sich aus der Natur des Budgetrechtes von selbst ergeben, 
eben so gut innegehalten werden, als ob sie durch ausdrückliche 
Verfassungsbestimmungen sanktionirt wären, wie dies auch die 
gewichtigsten Autoritäten unter den deutschen Staatsrechtslehrern 
jeder Zeit festgehalten haben. Eine willkürlich gehandhabte 
Verweigerung gesetzlicher Ausgaben oder eine Versagung der zur 
Fortführung einer geordneten Regierung nothwendigen Einnahmen 
wäre ein unstaatliches, widersinniges Beginnen, welches in keinem 
Staate Rechtens sein kann, weil es die Auflösung des Staates selbst 
bedeuten würde. 
$ 208. 
Staatsrechtlicher Charakter des sogenannten 
Etatsgesetzes. 
Im absoluten Staate erscheint der Etat als eine Vorschrift, 
welche sich die Staatsgewalt selbst in Betreff ihrer zu machenden 
Ausgaben und zu erhebenden Einnahmen für eine gewisse Zeit- 
periode setzt; er hat daher entschieden den Charakter einer Ver- 
waltungsnorm. Wenn nun im konstitutionellen Staate zur 
Feststellung derselben die Mitwirkung und Zustimmung der Volks- 
vertretung verfassungsmässig verlangt wird, so fragt sich, ob da- 
durch der Etat seinen staatsrechtlichen Charakter verändert? In- 
dem alles, was nur durch die Uebereinstimmung der Krone und 
beider Häuser zu Stande gebracht werden kann, als Gesetz be- 
zeichnet wird, ist natürlich auch der Etat ein Gesetz im formellen 
Sinne, nicht aber seinem Inhalte nach (S. 519). Eine blosse Verwal- 
tungsnorm kann dadurch niemals materiell Gesetz werden, dass dazu 
die Zustimmung eines anderen Factors verlangt wird. Das Feststellen
	        
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