Die Verwaltung. 589
Civilliste, den Matrikularbeiträgen an die Reichskasse, haben sie
nichts weiter zu thun, als dieselben, als feststehende Rechnungs-
posten, in den Etat aufzunehmen. Ihr Verfahren ist hier ein rein
»kalkulatorisches«. Bei den meisten anderen, gesetzlich noth-
wendigen Ausgabeposten steht zwar die Existenz derselben fest,
nicht aber die Höhe ihres jährlichen Betrages. Vieles kann hier
vielleicht mit weniger Kosten erzielt werden, als die Regierung in
Ansatz gebracht hat. Wenn daher die Kammern der Ansicht sind,
dass die Regierung für gewisse, an sich nothwendige Zwecke zu
vielausgeworfen hat, so können sie mindern und streichen, wenn nur
durch diese Abstriche die gesetzliche Einrichtung nicht unmöglich
gemacht, der als nothwendig erkannte Zweck nicht vereitelt wird.
Es lässt sich nicht leugnen, dass gerade hier eine verschiedenartige
Auffassung zwischen Regierung und Volksvertretung obwalten,
und dass aus deren hartnäckiger Festhaltung ein Konflikt hervor-
gehen kann. Ebenso steht es mit der oben erwähnten Unterschei-
dung nothwendiger und nützlicher Ausgaben, denn in vielen
Fällen wird die Volksvertretung eine Ausgabe nur für eine nütz-
liche oder gar für eine unnütze erklären, welche die Regierung für
eine nothwendige und deshalb nicht zu verweigernde hält. Bloss
materielle Rechtssätze über die Verwilligungspflicht der Stände
können freilich nie genügen, wo sich zwei selbständige Willens-
subjekte gegenüberstehen, die nicht genöthigt sind, ihre verschie-
denartigen Auffassungen einer höheren formellen Entscheidung in
Form eines Rechtsspruches unterzuordnen. Dennoch sind solche
materielle Rechtssätze nicht ganz werthlos, indem sie der Volks-
vertretung nicht nur ihr Recht, sondern auch ihre Pflicht der Bud-
getverwilligung ins Gewissen rufen und der unstaatlichen Vorstel”
lung entgegentreten, als ob die Bewilligung oder Verweigerung der
Steuern bezw. des gesammten Budgets ein nach subjektivem
Ermessen auszuübendes Recht sei, welches als parlamentarisches
Machtmittel zur Durchsetzung jedes beliebigen sogenannten Volks-
wunsches, besonders zum Sturze eines Ministeriums, gebraucht
werden dürfe. Auch hier geht die weitere Entwickelung des
Rechtsstaates dahın, dass für solche Konflikte eine rıchterliche In-
stanz geschaffen werde, deren definitivem Rechtspruche sich beide
streitende Theile zu unterwerfen haben.