Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

Die Verwaltung. 621 
Sicherheit Gefahr droht, sie ıst ihrem Wesen nach unbestimmt und 
umfasst alle Lebensverhältnisse der Gemeinschaft, oder sie besteht 
in einer Handlung der Persönlichkeit, welche auf Verletzung eines 
bestimmten speciellen Verwaltungszweiges gerichtet ist. Darauf 
gründet sich die Unterscheidung zwischen Sicherherheitspolizei. 
und Verwaltungspolizei. Nur die Sicherheitspolizei erscheint als 
selbständiges Gebiet, wo die Polizei als selbständige Funktion mit 
eigenem Organismus und eigenem Rechte auftritt, während dagegen 
die Verwaltungspolizei einen immanenten Theil jedes Verwaltungs- 
zweiges bildet und nur in Verbindung mit diesem wissenschaftlich 
dargestellt werden kann, da Recht und Gesetzgebung jedes dieser 
Theile der Polizei durch das Prinzip des betreffenden Verwaltungs- 
zweiges bestimmt wird, welchem er zu dienen berufen ist, so z.B. 
die Sanitätspolizei durch die eigenthümliche Aufgabe der Gesund- 
heitspflege. 
$ 222. 
B. Eintheilungen der Polizei. 
l) Sicherheits- und Wohlfahrtspolizeı. 
Diese von der älteren Theorie aufgestellte Unterscheidung fällt 
von unserem Standpunkte aus ganz fort, weil für uns die autorı- 
tativeZwangsgewalt als wesentliches Attribut der Polizei er- 
scheint und somit die sogenannte \Vohlfahrtspolizei gar nicht unter 
den Begriff der Polizei, sondern unter den der Pflege fällt, indem 
sie dem Bürger ihre Anstalten und Einrichtungen, als Beförderungs- 
mittel seiner Wohlfahrt, anbietet, ohne jemals Zwang zu üben. 
2) Die sogenannte gerichtliche Polizei, police 
judiciaire!. 
Die öffentliche Sicherheit, diese Hauptaufgabe alles polizei- 
lichen Schutzes, wırd auch dadurch gefährdet, dass bereits be- 
gangene Verbrechen unentdeckt und unbestraft bleiben. Die 
Sicherung der Bestrafung jedes begangenen Verbrechens ist eine 
ebenso wesentliche Bedingung der Erhaltung der öffentlichen Sicher- 
heit, als die Verhinderung drohender Gefährdungen der Rechtsord- 
nung. Man bezeichnet die Gesammtheit aller polizeilichen Thätig- 
i Schwarze, Archiv des Kriminalrechtes, Jahrg. 1849. S.4S3 ff. H.A. 
Zachariä, Deutsches Staats- und Bundesr. B. II. S.292. Derselbe, Handb. 
des deutschen Strafprocesses. I. $60. Medikus, in Bluntschli’s Staatsw. 
Art. »Gerichtliche Polizeic. B. IV. S. 208 ff.
	        
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