Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

Die Verwaltung. 625 
waltungsbehörden ausdrücklich das Recht zugesprochen, Polizei- 
verfügungen für ihren Bezirk zu erlassen. Dabei ist regelmässig 
die Höhe der Strafe bestimmt, welche diese Behörden auf die Nicht- 
befolgung ihrer Verfügungen setzen dürfen. Die niederen Behörden 
dürfen gewöhnlich geringere Strafen ansetzen, als die höheren. In 
derartige Polizeivorschriften dürfen niemals Bestimmungen aufge- 
nommen werden, welche mit den Gesetzen oder den Verordnungen 
einer höheren Instanz in Widerspruch stehen. Einen bedeutenden 
Fortschritt im Sinne des konstitutionellen Staatsrechts enthalten die 
neueren Gesetze, indem sie durchweg den Erlass von Polizei- 
verordnungen von der Zustimmung der entsprechen- 
den Körper der Selbstverwaltung abhängig machen. 
(Preuss. Kreisordnung vom 13. December 1872, Provinzialordnung 
vom 29. Juni 1875. Badisches Gesetz vom 5. Oktober 1563, $ 8: 
»Bezirkspolizeiliche Vorschriften, welche eine fortdauernd geltende 
Anordnung enthalten, kann der Bezirksbeamte nur unter Zu- 
stimmung des Bezirksrathes gültig erlassen«. In Preussen 
erlässt der Amtsvorsteher Verordnungen unter Zustimmung des 
Amtsausschusses, der Landrath unter Zustimmung des Kreis- 
ausschusses, der Oberpräsident unter Zustimmung des Provinzial- 
rathes.) Auch giebt es überall genaue gesetzliche Bestimmungen, 
in welcher Form die Bekanntmachung solcher Verfügungen zu er- 
folgen hat. und von welchem Momente ab ihre Gültigkeit beginnt. 
$ 224. 
2) Zwangs-, besonders Strafgewalt der Polizei. 
Schon im Begriffe der Polizei liegt nothwendig ein Zwangs- 
recht, wodurch den Verboten oder Geboten der Behörden der 
Vollzug gesichert wird; daher sind sämmtliche mit Polizeigewalt 
versehene Behörden auch berechtigt, »die durch ihre gesetzlichen 
Befugnisse gerechtfertigten Anordnungen auch durch Anwendung 
der gesetzlichen Zwangsmittel durchzusetzen«e. Dieser Zwang 
muss sich aber innerhalb der Grenzen des Nothwendigen 
halten. Kann daher die polizeiliche Massregel ohne Zwang gegen 
die Person selbst durchgeführt werden, so ist diese Vollzugsart als 
die gelindere vorzuziehen. Kann daher die zu erzwingende Hand- 
lung durch einen Dritten geleistet werden, so ist die Behörde be- 
fugt, dieselbe durch einen Dritten ausführen zu lassen, den Betrag 
der Kosten vorläufig zu bestimmen und im Wege der Exekution
	        
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