Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

684 Il. Von den Funktionen des Staatsorganismus. 
entweder unter staatlicher Kontrolle stattfindet oder eine eigentliche 
Staatsprüfung,,ist, andererseits behält er sich vor, gegen die An- 
stellung gewisser Personen aus staatlichen Gründen Widerspruch 
zu erheben‘ (Einspruchsrecht). Letzteres Recht ist in allen 
Gesetzgebungen der Neuzeit gleichmässig anerkannt, z. B. preuss. 
Gesetz vom 11. Mai 1873. Württemb. Gesetz vom 30. Januar 1862 
Art.4. Badisches Gesetz vom 9. Oktober 1860. Königl. sächsisches 
Gesetz vom 23. August 1876 $$ 25—26. Hinsichtlich der Mit- 
wirkung des Staates bei Besetzung der Bisthümer bestehen 
besondere Bestimmungen!. In Bayern steht dem Könige das Er- 
nennungsrecht zu; in den anderen Staaten wählen die Domkapitel, 
die Regierung hat aber das Recht, sogenannte personae minus gratae 
von der Liste zu streichen. (Für Preussen z. B. das Breve quod de 
fidelium.) Auch für die Stellen der Domkapitel haben die Regie- 
rungen sich regelmässig gewisse Ernennungs- und Ausschliessungs- 
rechte vorbehalten. 
Auch halten sıch die Staaten für befugt, die Entfernung von 
Kirchendienern von ihrem Amte auszusprechen, wenn diese sich 
schwere Verletzungen der Staatsgesetze zu Schulden kommen 
lassen; dieselbe erfolgt in einigen Staaten im Verwaltungswege, in 
anderen durch richterliches Urtheil. Als Mittel, die Befugnisse des 
Staates hinsichtlich der Besetzung von Kirchenämtern aufrecht zu 
erhalten, sind Strafen für den Fallunbefugter Amtsausübung 
durch die neuere Gesetzgebung festgestellt. Ausserdem kommt hier 
die Reichsgesetzgebung der Landesgesetzgebung zu Hülfe, indem 
sie den Regierungen die Befugniss einräumt, Personen, welche sich 
unrechtmässiger Weise Kirchenämter anmaassen, Aufenthalts- 
beschränkungen zu unterwerfen und äussersten Falles, nach Ent- 
ziehung der Staats- und Reichsangehörigkeit, aus dem Reichsgebiete 
zu verweisen. Reichsgesetz, betr. die Verhinderung der unbefugten 
Ausübung von Kirchenämtern vom 4. Mai 1874 (Zorn, a.a. 0. 
S. 20); 
3) in dem Rechte des Staates, Beschwerden wegen Missbrauchs 
der geistlichen Gewalt anzunehmen und denselben, im Falle ihrer 
1 EB. Herrmann, Das staatliche Veto bei Bischofswahlen nach dem Rechte 
der oberrheinischen Kirchenprovinz. Heidelberg 1569. E. Friedberg, Das 
Veto der Regierungen bei Bischofswahlen in Preussen und der oberrhei- 
nischen Kirchenprovinz. Halle 1869. Fr. v. Sybel, Das Recht des Staates 
bei Bischofswahlen in Preussen, Hannover und der oberrheinischen Kirchen- 
provinz. Bonn 1573. E. Friedberg, Der Staat und die Bischofswahlen in 
Deutschland. Leipzig 1874.
	        
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