1. Die Zeiten des ältern deutschen Reiches. 69
das Subjekt der Landeshoheit welchem die Regierungsrechte vom
Kaiser geliehen wurden. Die (etwa 51, Reichsstädte waren
IRepubliken; ihre Verfassung war sehr verschieden, doch galt
überall die Korporation der ganzen Bürgerschaft als das wahre uud
einzige Subjekt der Staatsgewalt; nur die Ausübung und Verwal-
tung der obrigkeitlichen Gewalt war einem Magistratskollegium oder
Rath übertragen !!.
Die bisher genannten Landesherrschaften waren sämmtlich zu-
gleich Reichsstände. Es gab aber zahlreiche Gebiete, deren In-
haber landesherrliche Rechte ausübten, ohne der Vorzüge der Reichs-
standschaft zu geniessen. Hierher gehörten vor allem die Reichs-
ritterundihre Gebiete? /Esgab etwa 1475 reichsfreie Ritter-
güter. In Schwaben, Franken und am Rhein hatten sich viele
ritterliche, dem niederen Adel angehörige Familien der Landesho-
lıeit nicht unterworfen; sie genossen nicht nur für ıhre Person.
sondern auch für ihre Gebiete vollkommene Reichsunmittelbarkeit,
dergestalt. dass sie von aller landesherrlichen Gewalt befreit und
nur der Reichsstaatsgewalt unterworfen waren. Zur Erhaltung
ihrer bevorrechteten Stellung hatten sich diese ritterschaftlicheu
Familien schon seit dem XIV Jahrhundert zu Bündnissen vereinigt.
Aus diesen war die korporative Verfassung der Reichsritterschaft
hervorgegangen. Das gesammte reichsritterschaftliche Corpus zer-
fiel in drei Kreise, welche unter sich in Vereinigung standen und
ein Ganzes bildeten. Die Kreise wurden wieder in mehrere Kan-
tons oder Ritterorte. letztere zuweilen wieder ın Bezirke oder
Quartiere getheilt. Die Reichsritter übten über ihre Besitzungen
allerdings landesherrliche Rechte aus, jedoch erlitt ihre Lande.
herrlichkeit Einschränkungen durch die Reichsgewalt und ihre
ı Moser Von der reichsstädtischen Regimentsverfassung. 1772. Häber-
lin B.I. Kap. V.S. 11T ff. G. W. Hugo, Die Mediatisirung der deutschen
Keichsstädte. Karlsruhe 1838.
2 J. St. Burgmeister, Reichsritterschaftliches Corpus juris oder Codex
diplomaticus. Ulm 1707. 4. Desselben Status equestris imperii Romano-
germanici. Ulm 1709. 4. Desselben Manuale equestre. Ulm 1720. 4.
Dessen [hesaurus juris equestris. Ulm 1718. 2 ’Ihle. Dessen Bibliotheca
equestris. 2 Bde. Ulm 1720. 4. Lünig, Reichsarchiv. Part. spec. Cont. II.
Jacob Mader, Sammlung reichsgerichtlicher Erkenntnisse in Reichsritter-
schaftssachen. Frankf. u. Leipzig 1780—90. J,G. Kerner, Allgemeines posi-
tives Staatslandrecht der unmittelbaren freien Reichsritterschaft. 3 Bde. Lemgo
1736—89. Chr. L. Pfeiffer, Versuch eines ausführlichen Privatrechtes des
deutschen Reichsadels. J. L. Klueber, isagoge in elementa juris publiei, quo
utuntur nobiles immediati. Erlangae 179%.