2. Die Auflösung des deutschen Reiches und der Rheinbund. >
z0g sich der Umgestaltungsprocess in Bayern unter dem wohlwollen-
den König Max Joseph und seinem reformeifrigen Minister Mont-
gelas, als in Westfalen, wo das fremde Element mit seiner spürenden
Polizei, seine Sitte und Sprache am schonungslosesten und zer-
setzendsten in das deutsche Wesen und die althergebrachten Lebens-
formen eingriff. Trotz dieser verschiedenartigen Nuancen ist es aber
doch ein und derselbe Grundzug, welcher uns aus allen diesen staat-
lichen Schöpfungen, Reformen und Organisationen der Rheinbunds-
staaten entgegentritt. Die neuerworbene Souveränetät wurde fast
durchgängig als absolute Herrschaft aufgefasst, welche ständische
Rechte und verfassungsmässige Schranken ohne Skrupel vernichtete.,
welche selbst die wohlerworbenen Rechte der Privaten, der Korpo-
rationen, der Gemeinden ohne Bedenken in jedem Augenblicke der
sog. Staatsräson opferte. So wurden die ständischen Verfassun-
gen in den meisten Rheinbundsstaaten einfach durch Kabinetsordres
beseitigt. Den Anfang machte der König von Württemberg, welcher
am 30. December 1805 diealtehrwürdige Verfassung seines Landes als
»eine nicht mehr in die itzigen Zeiten passende Einrichtung« aufhob.
Darauf folgte Baden am 23. Mai 1806 mit der Aufhebung der
Stände im Breisgau: »weil so das Beste der Unterthanen schon durch
die Staatsbehörden hinreichend gesorgt werde«; ein gleiches geschah
in Hessen-Darmstadt am 1. Oktober 1806, in Bayern am 1. Mai
1808. Dagegen wurden mehrere Rheinbundsstaaten mit Verfassun-
gen nach napoleonischem Muster beschenkt. Die von Napoleon I.
dem Königreiche Westfalen gegebene Konstitution vom 15. November
1507 (Winkopp IV 8.474; ordnete eine allgemeine Landesvertre-
tung von 100 Deputirten an, welche aber nicht direkt vom Volke,
sondern von den Departementskollegien gewählt wurden; letztere
wurden aber wieder, nach gewissen Verhältnissen und Kategorien,
vom Könige ernannt. Aber auch diesem Trugbilde einer National-
repräsentation gewährte man doch nur eine berathschlagende
Stimme in Gresetz- und Finanzsachen. Auf ähnlichen Grundsätzen
beruhte auch die niemals ins Leben getretene bayerische Verfassung
vom 1. Mai 1808 (Winkopp VII 8. 1—14;. die Verfassung des
Grossherzogthums Frankfurt vom 16. August 1810 und die von
Anhalt-Köthen vom 28. December 1810, welche dieses Ländchen
zu einer Karrikatur des französischen Kaiserreiches machte.
Allen Institutionen der Rheinbundsstaaten ist der napoleonisch-
französische Stempel mehr oder weniger aufgeprägt. Nicht in einem
lebenskräftigen volksthümlichen Organismus. nicht in der Mitbe-