II. Buch.
Der völkerrechtliche Verkehr der Staaten
im allgemeinen.
1. Abschnitt. Die Organe des Verkehrs.
1. Unterabschnitt. Die nationalen Organe des
völkerrechtlichen Verkehrs.
812. Die völkerrechtliche Vertretungsbefugnis
im allgemeinen.
I. Durch die Verfassung eines jeden Staates werden die Organe
bestimmt, die ihn im völkerrechtlichen Verkehr zu vertreten, für ihn
die völkerrechtlich erhebliehen Handlungen vorzunehmen haben. Die
völkerreehtliehe Vertretungsbefagnis ruht mithin auf staatsrechtlicher
Grundlage; sie wird dureh die nationale Staatsverfassung bestimmt
und begrenzt.
I. Die zur Vertretung berufenen Organe.
1. In monarchischen wie in republikanischen Staaten kann die
oberste, grundsätzlich unbeschränkte Vertretungsbefugnis (das jus
repraesentationis omnimodo) einem Einzelnen, dem Staatshaupt, tiber-
tragen sein. Kraft dieser seiner Stellung, ohne daß es eines besondern
Auftrages bedarf, Ist das Staatshaupt in allen völkerreehtlichen Be-
ziehungen der Vertreter seines Staates, die Verkörperung der BStaats-
gewalt. Die Handiungen des Staatshauptes berechtigen und verpflichten
völkerreehtlich den Staat; das Staatshaupt schließt die Verträge, er-
klärt den Krieg, schickt und empfängt die Gesandten.
Es ist irreleitend, das Staatshaupt ohne weiteres als den
völkerrechtlichen Träger der Souveränität zu bezeichnen. Die
Souveränität ist Eigenschaft der Staatsgewalt und steht daher dem
v. Liszt, Völkerrecht. 4. Aufl. 8