296 IV. Buch. Die Erledigung der Stastenstreitigkeiten.
4. Spione werden nach Kriegsgebrauch standrechtlich gerichtet, feind-
liche Kundschafter wie die übrigen Angehörigen der Kriegsmacht nach Völker-
recht behandelt.)
Zum Begriff des Spions im Sinne des Völkerrechts im Gegensatz
zum Kundschafter gehört, daß er heimlich oder unter Vorspiegelung
unwahrer Tatsachen in dem ÖOperationsgebiete eines Kriegführenden
Nachrichten einzieht oder einzuziehen versucht, um sie der Gegen-
partei mitzuteilen. Unter den Begriff fallen Zivilpersonen, die sich in
militärische Uniformen gekleidet haben, wie Militärpersonen, die sich
für Überläufer ausgeben, um kundschaften zu können. Dagegen sind
nicht als Spione zu betrachten:
1. Militärpersonen, die in Uniform in das Operationsgebiet des
Gegners eingedrungen sind, um sich Nachrichten zu verschaffen;
2. Militärpersonen und Nichtmilitärpersonen, die offen den ihnen
erteilten Auftrag ausführen, Mitteilungen an ihr eigenes oder an das
feindliche Heer zu überbringen;
3. Personen, die in Luftschiffen befördert werden, um Nach-
richten (nicht zu erkunden, sondern lediglich) zu überbringen, oder
um die Verbindung zwischen den verschiedenen Teilen eines Heeres oder
eines Gebietes aufrechtzuerhalten;; im übrigen fällt auch die Ausspähung
durch Luftfahrzeuge unter den allgemeinen Begriff der Spionage.
Die Vollendung ist mit dem Betreten des ÖOperationsgebietes ge-
geben. Der auf frischer Tat ergriffene Spion kann nur nach voran-
gegangenem (wenn auch nur summarischem) gerichtlichen Verfahren
bestraft werden. Der Spion, der zu seinem Heere zurückgekehrt ist
und später vom Feinde gefangengenommen wird, ist als kriegsgefangen
zu behandeln und kann für die früher begangene Spionage nicht ver-
antwortlich gemacht werden. Vgl. Art.29 bis 31 der „Ordnung“.
III. Im allgemeinen darf der Kriegführende alle Mittel anwenden, deren An-
wendung notwendig Ist, um den Widerstand des Gegners niederzywerfen (die
necessaria ad finem belll). Aber auch in der Verwendung der als notwendig er-
kannten Mittel werden dem Kriegführenden durch das Völkerrecht gewisse
freilich zum Teil recht bestrittene Grenzen gezogen.”?)
6) Vgl. G. Friedemann, Die Lage der Kriegskundschafter und Kriegs-
spione. 1892. Adler, Die Spionage. Eine völkerrechtliche Studie. 1906. A. Zorn,
174. Meurer IL170. Strupp 78. — Unabhängig von dem völkerrechtlichen ist
der landesrechtliche Begriff der Spionage. Jedoch sind die .Vertragstasten ver-
pflichtet, im Kriege gegen den dem feindlichen Heere angehörigen Spion oder Kund-
schafter unter allen Umständen nach Völkerrecht zu verfahren.
7) A. Zorn, 127. Derselbe, Kriegsmittel und Kriegführung im Landkrieg
nach den Bestimmungen der Haager Konferenz. Diss. 1902. Tettenborn, Prinzip
und Richtungen der Kriegsmittelverbote des Landkriegsrechtes. Würzburger Diss.
1909. de Louter II247. Nys III139. Mörignhaco IIIl S.240. Oppenheim
II146. Meurer 11150.