302 IV. Buch. Die Erledigung der Staatenstreitigkeiten
Repressalien erzwungen ‚werden (oben 8 38 IV). Empfehlenswerter sind
Vereinbarungen zwischen den Kriegführenden, wie sie während des
Weltkriegs mehrfach, z. B. über die Sistierung eingeleiteter Strafver-
fahren, stattgefunden haben. Den Organen des internationalen Roten
Kreuzes pflegen die Kriegführenden das Recht zur Besichtigung der
Gefangenenlager und zur Meldung gefundener Übelstände einzuräumen.
Die Behandlung der Kriegsgefangenen ist vielfach, so in Öster-
reich, Rußland, Italien, durch die nationale Gesetzgebung geregelt. Be-
achtenswert ist das französische Reglement vom 21.März 1893.
8. Kriegsgelangene können, wenn die Gesetze ihres Landes das gestatten,
auf Ehrenwort in die Heimat entlassen werden. Sie dürfen dann, dem ge-
gebenen Wort entsprechend, während dieses Krieges die Walfen nicht gegen
den Gegner tragen.
Auch die Regierung des auf Ehrenwort entlassenen Kriegsgefange-
nen ist verpflichtet, von ihm keinerlei Dienste zu verlangen oder an-
zunehmen, die dem gegebenen Ehrenwort widersprechen. Kein Kriegs-
gefangener kann gezwungen werden, die Entlassung auf Ehrenwort
anzunehmen; und die feindliche Macht ist nicht verpflichtet, ihm die
erbetene Entlassung zu gewähren, Vgl.Art.10 bis 12. Der Kriegs-
gefangene, der die auf Ehrenwort übernommene Verpflichtung verletzt,
hat, wenn er wieder ergriffen wird, keinen Anspruch auf die Behand-
lung als Kriegsgefangener;; er wird vielmehr nach dem Militärstrafrecht
des Gegners gerichtlich abgeurteilt; nach 8159 des deutschen Militär-
Strafgesetzbuches trifft ihn die Todesstrafe.
4. Von jedem der Kriegführenden sollen besondere Auskunftsstellen über
die Kriegsgefangenen errichtet werden.
Dasselbe gilt von den neutralen Staaten, die etwa Angehörige der
Kriegsmächte bei sich aufgenommen haben. Die Auskunftsstellen sam-
meln alle auf die Kriegsgefangenen bezüglichen Nachrichten, um die
an sie gerichteten Anfragen beantworten zu können; sie haben ferner
alle die Gegenstände, die auf den Schlachtfeldern gefunden oder von
den verstorbenen Kriegsgefangeren zurückgelassen werden, zu sam-
meln und den Berechtigten zuzustellen. Diese Auskunftsstellen sollen
Portofreiheit genießen. Vgl. Art.14 und 16.
5. Die ordnungsmäßig gebildeten Hillsgesellschaften sollen alle möglichen
Erleichterungen bei Ausübung ihrer Tätigkeit finden.
Die Liebesgaben bleiben von allen Eingangszöllen sowie von den
Frachtkosten auf Staatseisenbahnen befreit. Vgl. Art.15 und 16.
6. Die Kriegsgefangenschaft endet mit der gelungenen Flucht oder der
Entlassung.
Der entwichene Gefangene bleibt Kriegsgefangener (auch wenn er
bürgerliche Kleidung angelegt hat), solange er nicht die Grenzen des