Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

$& 42. Die Rechtsstellung der neutralen Mächte. 341 
2. Angehörige der Streitkräfte, die auf neutrales Gebiet gelangen, sind 
"während der Dauer des Krieges zu internieren (Art. 11 bis 15 des Abkommens; 
an Stelle der Art.57 bis 60 der zweiten Konvention von 1899 ge- 
treten) ®). 
a) Übertretende Truppenteile (man erinnere sich an den 
Übertritt der französischen Ostarmee mit 85000 Mann auf schweizeri- 
sches Gebiet am 1.Februar 1871) sind möglichst weit vom Kriegs- 
schauplatz auf Kosten des Kriegführenden unterzubringen und zu ver- 
pflegen; Offiziere, die sich auf ihr Wort verpflichten, das neutrale Ge- 
biet nicht zu verlassen, können freigelassen werden. In der gleichen Weise 
sind landende Luftfahrzeuge zu behandeln; die Fahrzeuge werden se- 
questriert, die Mannschaften interniert. 
b) Entwichene oder von den übertretenden Truppen mitgebrachte 
Kriegsgefangene sind in Freiheit zu setzen. 
c) Der Durchzug von Verwundeten und Kranken kann ge- 
stattet werden. Auf neutrales Gebiet gebrachte Verwundete: und Kranke 
sind von der neutralen Macht zu bewachen. Das Genfer Abkommen 
gilt auch in diesem Fall. 
8. Die Angehörigen eines neutralen Staates verwirken die Neutralität 
durch Beteiligung an den Feindseligkelten (Art. 16 bis 18). 
Die von der deutschen Delegation der zweiten Haager Konferenz 
1907 vorgeschlagene vollständige Regelung der Rechtsstellung der neu- 
tralen Personen ist nicht zustande gekommen. Die auf dem Gebiete des 
Gegners befindlichen Angehörigen eines neutralen Staats stehen daher 
bis auf weiteres der friedlichen Bevölkerung des Gegners gleich?). 
a) Die Verwirkung der neutralen Stellung tritt ein, wenn der neu- 
trale Staatsangehörige. feindliche Handlungen gegen einen Kriegführen- 
den oder zugunsten eines Kriegführenden begeht. Er wird in diesem 
Fall so behandelt, wie ein Angehöriger des Gegners unter den gleichen 
Umständen. 
b) Die Verwirkung tritt nicht ein: 1. Bei Übernahme von Liefe- 
rungen und Bewilligung von Darlehn an einen Kriegführenden, voraus- 
gesetzt, daß der Lieferant oder Darleiher weder im Gebiet des (segners 
noch in dem von diesem besetzten Gebiet wohnt, und daß auch die 
Lieferung nicht aus diesem Gebiet herrührt; 2. bei Leistung von Polizei- 
oder Zivilverwaltungsdiensten. 
4, Neutrales Eisenbahnmaterlal kann von dem Kriegführenden im Not- 
fall angefordert werden (Art.19 des 5. Abkommens; an Stelle des Art. 54 
der zweiten Konvention von 1899 getreten). 
6) Vgl.Sauser Hall, R. G. XIX 40. — Der Vertrag vom 1. Februar 1871 
ist abgedruckt bei Strupp 12852. 
7) Vgl. außer der Literatur in Note 1 besonders Hirsch, Die rechtliche 
Stellung der Angehörigen neutraler Staaten im Landgebietder Kriegführenden. 1914.
	        
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