356 IV. Buch. Die Erledigung der Staatenstreitigkeiten.
durchgeführt; daher sind in den Noten 1 und 2 Quellen und Literatur
für beide Zweige des Prisenrechts gemeinsam angeführt.
1. Die in Beschlag genommenen Schiffe können &ntweder feind-
liche oder neutrale Kauffahrteischiffe (nicht Kriegsschiffe) sein. Erstere
ohne weiteres; letztere dann, wenn sie entweder
a) sich des Blockadebruches schuldig gemacht haben (oben $41 III 5);
b) Konterbande geführt haben (oben 842 V); oder
c) den Kriegsgegner neutralitätswidrig unterstützt haben (oben
842 V 4).
2. Die in Beschlag genommenen Waren können sein:
a) feindliches Gut auf feindlichem Schiff (oben 8 41 VI); oder
b) Konterbande nebst den übrigen dem Schiffseigentümer gehörigen
Waren (oben 842V); oder
c) die dem Eigentümer eines neutralen Schiffs, das neutralitäts-
widrige Unterstützung geleistet hat, gehörenden Waren (oben 842 V 4).
IL. Über die Berechtigung der Wegnahme von Schiffen und Waren entscheiden
in allen Fällen zunächst die nationalen Prisengerichte nach dem nationalen
Recht des Nehmeschiffes.
Die nationalen Gesetze bestimmen die Zusammensetzung der natio-
nalen Prisengerichte, den Gang des Verfahrens und die Rechtsregeln,
nach denen diese zu urteilen haben. Das deutsche Reichsgesetz, be-
treffend die Prisengerichtsbarkeit vom 3.Mai 1884 (R.G.Bl. S.49) be-
gnügt sich damit, die Regelung kaiserlicher Verordnung zu überweisen.
Eine solche war am 15. Februar 1889 (R.G.Bl. S.5) aus Anlaß der ost-
afrikanischen Blöckade zur Bekämpfung des Sklavenhandels ergangen.
Jetzt gilt die Prisenordnung vom 30.September 1909 (R.G.Bl. 1914
S.275) und die Prisengerichtsordnung vom 15. April 1911 (R.G.Bi. 1914
S.301). Nach dieser sind entscheidende Behörden erster Instanz die
Prisengerichte in Hamburg und Kiel, der zweiten (Berufungs-)Instanz
das Obenprisengericht in Berlin. Vorbereitende Behörden sind die
Prisenämter?). Die das materielle Prisenrecht enthaltende Prisenordnung
ist während des Krieges im Wege der Vergeltung (oben $38IV) viel-
fach abgeändert worden; vgl. R.G.Bl.1914 S. 275, 441, 481, 509; 1915
S.227; 1916 S.437, 773; 1917 S.21. Sie ist nicht nur ein von dem
Kriegsherrn ausgehender, an die Kommandanten der deutschen Kriegs-
2) Vgl. Literatur oben $41 Note 12. — Die österreichische Prisengerichte-
ordnung vom 28. November 1914 gilt auch in Ungarn. In Rußland ist die See-
prisenardnung von 1895 (mit verschiedenen Nachträgen) maßgebend. Für Groß-
britannien gilt der Naval Prize Act 1864 to 1914 (umfassend den Naval Prize Aot
1864, den Prize Courts Act 1894 und den Prize Courts Procedure Act 1914). Für
Japan die Seeprisenordnung von 1904 (K. Z. II 172), für Rußland das Reglement
von 1905 (K. 2. II 144). Über Japan auch Perels, N. Z. X1X 214.