496 Schlußakte der Zweiten Internationalen Friedenskonferenz (1907).
der Macht, der die Privatperson angehört, das Recht vorbehalten bleibt,
dieser die Anrufung des Prisenhofs zu untersagen oder dort selbst an ihrer
Stelle aufzutreten;
3. von einer der feindlichen Macht angehörenden Privatperson, wenn die
Entscheidung der nationalen Gerichte ihr Eigentum betroffen hat und
“ die Voraussetzungen der Fälle des Artikel 3 Nr.2 mit Ausnahme des
Falles unter b vorliegen.
Art.5. Der Rekurs kann unter den im vorstehenden Artikel aufgeführten
Bedingungen auch von solchen Beteiligten, ob neutral oder feindlich, eingelegt
werden, die ein rechtliches Interesse an dem Obsiegen der zum Rekurse befugten
Privatperson haben und ihr in dem Verfahren vor der nationalen Gerichtebarkeit
beigetreten waren. Diese Nebenbeteiligten können jeder für sich nach Maßgabe
seines Interesses den Rekurs einlegen.
Das gleiche gilt für die neutralen oder feindlichen Nebenbeteiligten der
neutralen Macht, deren Eigentum sich im Streite befindet.
Art.6. Ist der Internationale Prisenhof gemäß Artikel 3 zuständig, so kann
die Gerichtsbarkeit der nationalen Gerichte in höchstens zwei Instanzen ausgeübt
werden. Die Gesetzgebung der nehmenden Kriegsmacht hat darüber zu entscheiden,
ob der Rekurs nach der Entscheidung in erster Instanz oder erst nach der Ent-
scheidung in der Berufungs- oder Revisionsinstanz zulässig ist.
Haben die nationalen Gerichte binnen zwei Jahren nach der Wegnahme
keine endgültige Entscheidung gefällt, so kann der Prisenhof unmittelbar an-
gerufen werden.
Art.7. Ist die zu entscheidende Rechtsfrage vorgesehen in einem in Geltung
befindlichen Abkommen zwischen der nehmenden Kriegsmacht und der Macht,
die selbst oder von der ein Angehöriger Prozeßpartei ist, so richtet sich der Prisen-
hof nach den Bestimmungen dieses Abkommens.
In Ermangelung solcher Bestimmungen wendet der Prisenhof die Regeln
des internationalen Rechtes an. Wenn allgemein anerkannte Regeln nicht bestehen,
so entscheidet das Gericht nach den allgemeinen Grundsätzen der Gerechtigkeit
und der Billigkeit.
Die vorstehenden Bestimmungen finden auch Anwendung auf die Beweis-
last sowie auf die Rechtsbehelfe, die vorgebracht werden können.
Wenn der Rekurs gemäß Artikel 3 Nr.2c auf Verletzung einer Rechts-
vorschrift der nehmenden Kriegsmacht gestützt ist, so wendet der Prisenhof
diese Vorschrift an.
Der Prisenhof kann prozessuale Rechtsnachteile, die in der Gesetzgebung
der nehmenden Kriegsmacht vorgesehen sind, unbeachtet lassen, falls er der
Ansicht ist, daß ihre Folgen der Gerechtigkeit und der Billigkeit widersprechen,
Art.8. Erklärt sich der Prisenhof für die Rechtmäßigkeit der Wegnahme
von Schiff oder Ladung, so ist mit diesen nach den Gesetzen der nehmenden Kriegs-
macht zu verfahren.
Wird die Wegnahme für nichtig erklärt, so ordnet der Prisenhof die Rück-
gabe von Schiff oder Ladung an und setzt gegebenen Falles die Höhe des zu
leistenden Schadenersatzes fest. Wenn Schiff oder Ladung verkauft oder zerstört
worden sind, so bestimmt der Prisenhof die dem Eigentümer dafür zu gewährende
Entschädigung.
War die Wegnahme von der nationalen Gerichtsbarkeit für nichtig erklärt,
so ist der Prisenhof nur zur Entscheidung über den Schadenersatz berufen.
Art.9. Die Vertragsmächte übernehmen die Verpflichtung, sich den Ent-
scheidungen des Internationalen Prisenhofs nach Treu und Glauben zu unter-
werfen und ihnen in möglichst kurzer Frist nachzukommen.
Zweiter Titel, Verfassung des Internationalen Prisenhofs,
At. 10. Der Internationale Prisenhof besteht aus Richtern und Hilfs-
richtern, die von den Vertragsmächten ernannt werden; sie müssen sämtlich
Rechtsgelehrte von anerkannter Sachkunde in Fragen des internationalen See-
rechte sein und sich der höchsten sittlichen Achtung erfreuen,