Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

144 
„Sie wollen uns — berichteten sie — ihren geistlichen Beistand 
nur gewähren, wenn wir ihnen Geld, Geschmeide und andere Dinge 
geben; sie kommen in unsere Klöster in kurzen Röcken, bebänderten 
Mützen, Stiefeln, wie weltliche Leute; sie haben vor uns getanzt 
und uns zu eitler Lust aufgefordert, ja einige von uns haben sie 
verführt.“ Alle solche Zustände hatten sich im Laufe des fünfzehnten 
Jahrhunderts gesteigert. War es da ein Wunder, wenn man die 
Mönche öffentlich in derbstem Ausdruck mit ihren Erfolgen bei Frauen 
neckte, wenn ihnen das Genrebild regelmäßig die Rolle des Fauns 
übertrug, wenn „Mönch“ und „Nonne“ geradezu Schimpfnamen 
wurden, wenn die Volkspolemik sich gegen den ehelosen Stand über- 
haupt erklärte: Der Haß der Laien gegen die Geistlichkeit war 
entschieden. Man fing an, ihnen ihre Reichthümer zu misgönnen und 
bedenkliche finanzielle Berechnungen anzustellen. Lange ehe Luther 
seine Thesen anschlug, war der Ablaß verachtet. Lange ehe ein 
Führer sich zeigte, waren die Massen in die revolutionäre, nichts 
hochachtende, nichts schonende Stimmung hineingerathen, auf welche 
sich die ganze Bewegung nachher stützte. 
Sogar bis in die kirchlichen Gebäude selbst trugen Künstler 
und Handwerker die Feindseligkeit gegen das Pfaffenvolk. 
Von jeher hatte man in der plastischen Ausschmückung der 
Architektur dem Humor ungescheut die Zügel schießen lassen. An 
der Kirche zu Andlau aus dem elften Jahrhundert sieht man phan- 
tastische Reliefs, Gestalten aus dem Thierkreis, Männer und Frauen, 
die auf Fischen reiten, Fußkämpfer, Ritter, Centauren, Bogenschützen, 
alles bunt durch einander. In der Kirche zu Rosheim aus dem 
zwölften Jahrhundert sitzen auf dem Dach groteske Figuren und im 
Innern treiben sich auf Consolen und Kapitälen Frösche, Larven 
und anderes verdächtige Gesindel umher. In der Kirche zu Maurs- 
münster aus dem dreizehnten Jahrhundert verwandeln sich die Blätter 
der Kapitäle plötzlich in unzählige Menschengesichter, und ein 
Teufelchen erscheint als Karyatide en miniature. In Ruffach ist um 
dieselbe Zeit der Giebel des Hauptportals mit allerlei Figürchen von
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.