Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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Die mittelalterliche Schule befand sich ausschließlich unter der 
Leitung der Geistlichkeit. In der Schule züchteten sie den clericalen 
Nachwuchs; aber auch die Führer des Volkes, die Lenker des Staates, 
Alles was auf höhere Bildung Anspruch machte, ging durch ihre 
Hände. Und was für Hände waren das! Nicht blos was für un- 
reine, sondern was für ungeschickte. Das Schulwesen jener Zeit ist 
ein solcher Ausbund von Verkehrtheit, daß man den Kopf schüttelt, 
wenn man die Berichte davon liest, und ungläubig fragt: ob denn 
so etwas je möglich war? Der ganze Unterricht beruhte auf der 
lateinischen Grammatik, und es kam vor, daß die Schüler in zehn 
Jahren nicht mit Declination und Conjugation im Reinen waren. 
Die armen Jungen wurden übermenschlich gequält und lernten 
nichto als Dinge, die sie kaum verstanden und die zur wirklichen 
Kenntnis nur in Ausnahmsfällen führten. 
Im Elsaß hatten Einzelne längst die Bedeutung der Schule 
begriffen. Wenn der gute Rulman Merswin auch nicht Recht hatte, 
den heiligen Geist für einen Schulmeister zu halten, so lag darin 
doch die richtige Ahnung, daß die Schulmeister oft Träger eines 
heiligenden Geistes sein können. Und daß das lebenslustige Völk- 
chen, das die gesegnete Ebene am Oberrhein bewohnt, sich den 
Unterricht am liebsten in leichteren, bequemeren Formen dachte, 
bezeugt schon Gottfried von Strahburg, der seinen Tristan bedauert 
über die Menge schwieriger Gegenstände, die er zu bewältigen hatte. 
Eben dasselbe dürfen wir aus dem ältesten deutschen Kinder- 
buche schließen, das im Elsaß entstanden ist, verfaßt im Jahre 
1435 von Konrad Dankrotzheim zu Hagenau. Ein gar guter, lieber 
Mensch. Sein Buch ist unbeschreiblich anheimelnd und herzlich. 
Der Mann wählte ein sehr trockenes Thema. Er will den Kindern 
den kirchlichen Festkalender einprägen. Er nimmt das Jahr von 
Monat zu Monat durch, charakterisirt die Jahreszeiten, erwähnt 
die Feiertage und die bedeutendsten Heiligen. Dabei weiß er aber 
so viel Liebenswürdigkeit und Natursinn zu entwickeln, er weiß 
se viel Rücksicht auf das tägliche den Kindern bekannte Leben
	        
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