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einzuweben, er weiß den Kleinen so viel schöne Dinge vorzugaukeln
und sich überhaupt der kindlichen Weltanschauung so trefflich anzu-
bequemen, daß er wol nicht zu viel sagt, wenn er in aller Beschei-
denheit seinem Werkchen nachrühmt:
Es kann die Kinder zur Schule locken,
Und Semmelkuchen in Milchrahm brocken
Und in den süßen Honigseim.
Und machte es Konrad Dankroßheim,
Aller Kinder Patron,
Eine löbliche Person,
Ist wol eines faulen Eies werth.
So haben wir in dem Büchlein außer Humor und Selbst-
irenie noch ein recht tüchtiges Stück Gemüth und können uns dar-
nach vorstellen, mit welcher Empfindung für das Wohl ihrer Kinder
die Bäter elsässischer Städte an die Gründung von Schulen gehen
mochten.
Die Stadt Schlettstadt, meist von geringen Leuten, Wein-
bauern u. dergl. bewohnt, erwarb sich dieses Verdienst zuerst, indem
sie um das Jahr 1450 den Westfalen Ludwig Dringenberg,
der am Niederrhein seine Bildung erhalten hatte, zum Rector berief.
Diese Schule zu Schlettstadt war ein schwacher Anfang, aber
doch immer ein Anfang. Dringenberg war kein großer Lateiner, kein
tiefsinniger Gelehrter, kein Reformator in Unterrichtssachen; aber er
hatte pädagogisches Geschick, er verstand anzuregen, er würzte den
Unterricht durch deutsche Sprüchlein und wußte die Schüler mit
Liebe und Dankbarkeit für sich zu erfüllen. Dringenberg war kein
Humanist im strengen Sinn, kein Humanist wie sie nach der Mitte
des fünfzehnten Jahrhunderts an den Universitäten Heidelberg und
Erfurt auftauchten, Leute, die in Italien gewesen waren, sich an
den Classikern vollgesogen hatten, phrasenreiche und mit allen Salben
der Rhetorik geölte Briefe abzufassen wußten und zierliche lateinische
Verse hingossen: aber Dringenberg hat immerhin mehrere ausge.
zeichnete Männer erzogen; die verjüngte wissenschaftliche Bildung