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und fragte, wurde gebildet, indem jede der 20 Zünfte 15 Schöffen
wählte: was im Ganzen die 300 Mitglieder der erwähnten Ver-
sammlung ergab.
Der Rath aber begriff zwei Elemente in sich: ein
beständiges und ein wechselndes. Und diese konnten sich zu
gemeinschaftlichen. Berathungen vereinigen, gleich als ob Magistrat
und Stadtverordnete zu einer Käörperschaft zusammenträten.
Der wechselnde, alljährlich zur Hälfte neugewählte Bestandtheil,
der sich mit den Stadtverordneten vergleichen läßt, enthielt 20 zünftige
und 10 adelige Vertreter. Darunter befanden sich die 4 adeligen
Stadtmeister, die alle Vierteljahr im Vorsitz wechselten; und dazu
kam der zünftige Ammeister, der sein Amt 5 Jahre lang bekleidete.
Das „beständige Regiment“ der Stadt dagegen, der eigentliche
Magistrat, vereinigte in sich die gewiegteste staatsmännische Erfahrung,
welche die Republik aufzuweisen hatte. Ihre Mitglieder waren auf
Lebenszeit gewählt und theilten sich in zwei besondere Körperschaften:
die Dreizehner (4 Adelige, 8 Zünftige mit dem jeweilig regierenden
Ammeister) für Krieg und Auswärtiges, zugleich oberster Gerichtshof;
und die Fünfzehner (5 Adelige, 10 Zünftige) für Inneres und
Finanzen, welche außerdem das Censoramt selbst über die höchsten
Beamten ausübten.
Ueberall ist, wie man sieht, das Verhältnis von Adel und
Bürgerthum nach dem Maßstabe von 1 zu 2 geregelt: ein Drittel
Adelige, zwei Drittel Zünftige.
Die ganze Verfassung wurde von der gesammten Stadtbürger-
schaft alljährlich-beschworen.
Daß der Schönfärber Erasmus, als er noch mit der Stadt
gut Freund war und in Straßburg gefeiert und bewirthet wurde,
seine Bewunderung dieser Verfassung in den ausschweifendsten Lobes-
erhebungen kundgab, würde nicht so viel bedeuten, als die warme
und wiederholt ausgesprochene Anerkennung des Franzosen Bodin,
des berühmtesten Staatsrechtslehrers im sechzehnten Jahrhundert,
dessen günstiges Urtheil auch wir noch unterschreiben können.