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die kaiserliche Seite gezogen: ein Rappoltsteiner präsidirte der Ensis=
heimer Regicrung. Im benachbarten Colmar wirkten österreichische
heim, Münster waren eines selbständigen Handelns nicht fähig: die
Magistrate unterdrückten gewaltsam jede evangelische Regung, um
nicht katholischer Rache zu verfallen. In Hagenau waren Capitos
Bemühungen, seine Vaterstadt dem Evangelium zu gewinnen,
ziemlich erfolglos. 6
Andererseits hat das Beispiel Straßlurgs weniger fortgerissen,
als man leicht denken könnte. Zwar die Gesuche um evangelische
Prediger liefen so zahlreich ein, daß man sich außer Stande sah,
sie zu befriedigen. Aber das Entscheidende waren überall die poli-
tischen Verhältnisse.
So weit Straßburgs unmittelbare Machtsphäre reichte, in den
ihm untergebenen Dorfschaften und Landgemeinden, blühte und gedieh
die Reformation. Aber darüber hinaus hat es nur als ein Mittel-
punct der Bildung und Aufklärung sein Ansehen bethätigt, ohne zu
directer Förderung eingreifen zu können. Im Süden und im Norden
des Elsasses machen sich andere Einflüsse geltend.
Mülhausen erhielt den Anstoß zur Neuerung von der Schweiz.
Dem pfalz'zweibrückischen Bergzabern kam die evangelische Gesinnung
des Herzogs zu gute, und das hier gegebene Beispiel wirkte auch auf
das damals elsässische Landau. Der Eindruck der Sickingenschen
Thaten riß Weißenburg mit fort und einen Theil des Adels; aber
mit Sickingens Fall machten sich Gegenwirkungen geltend: wir haben
gesehen, wie Butzer die Stadt verlassen mußte. In seiner Vaterstadt
Schlettstadt war Wimphelings Gegnerschaft und Beatus Rhenanus'
Neutralität weniger gefährlich als der Bauernkrieg, der hier wie
anderwärts das Signal der Reaction gab.
Die Reformation im Elsaß glich einem glimmenden Brande,
der rasch die Balken. und Sparren entlang flog und überall zu hellen
Flammen aufloderte, wo nicht sogleich Löschung zur Hand war. Aber
es wurde viel gelöscht und zertreten: im Herzen des Landes war