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den Denkmälern des Reformationszeitalters durch apostolische Kraft
und Salbung, durch tiefen Ernst, edle Einfalt und praktische Weisheit,
ein wahres Meisterwerk auch für unsere Zeiten. Trotzdem gelang
es Butzer und Capito nicht, die Schweizer ganz in das Friedens-
werk hereinzuzichen. Wenigstens Zürich, Constanz, Schaffhausen,
Genf blieben unerschütterlich.
Unterdessen hatten sich auch die allgemeinen politischen
Verhältnisse dem Anscheine nach weit friedlicher und für Straß-
burg weit ungefährlicher gestaltet, als man nach dem Augsburger
Reichstage fürchten mußte.
Die auffallende Uebereinstimmung der Augsburger CoKfession
und der Tetrapolitana konnte schon damals weltlichen Augen nicht
entgehen. Manche Unterzeichner der ersteren erklärten die letztere
für feiner und subtiler und für sehr gut abgefaßt. Die bald darauf
eintretende versöhnlichere Haltung der beiderseitigen Theologen lin-
derte die starren Herzen in etwas, und man war zu Unterhandlungen
geneigt.
Jacob Sturm, den der Streit von Anfang an so tief empörte,
daß er Jahre lang gar nicht zum Abendmale ging, freute sich, daß
er die Theologen endlich so weit hatte. Und wenn ihm auch noch
gelegentlich aus dem Munde weltlicher Staatsmänner die vielmis-
brauchten Kampfworte „leiblich, geistig, wesentlich, figürlich“ ent-
gegen flogen: so brachte er es doch endlich dahin, daß Straßburg
im Jahre 1532 zu Schweinfurt in den schmalkaldischen Bund der
evangelischen Stände definitiv aufgenommen wurde, nachdem es —
unbeschadet der Tetrapolitana, und deren wesentliche Uebereinstimmung
vorausgesetzt — die Augsburger Confession unterschrieben hatte.
Ebenso aber ließen sich die Beziehungen zwischen dem Kaiser
und den Protestanten weit freundlicher an, als man zu hoffen ge-
wagt. Die europäische Politik hatte auch ein Wort miteinzureden.
Ein Angriff der Türken verschaffte den Protestanten den Nürnberger
Religionsfrieden von 1532. Dann waren es bald die Corsaren von
Tunis, bald der König von Frankreich, bald wieder der Sultan,