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Elsaß lähmte, wie sich von selbst verstand, jeglichen Aufschwung der
protestantischen Sympathien daselbst, okwol man im Kreise des
schmalkaldischen Bundes noch immer in der süßen Täuschung sich
wiegte, es werde der König Ferdinand seinen kaiserlichen Bruder in
dem verwegenen Angriff auf das deutsche Gewissen nicht unterstützen.
Wenn es nach Schärtlins Rath und der gerüsteten Städte
festem Willen gegangen wire, so hätte der Kaiser in Regensburg
überfallen werden können, bevor er noch die spanischen Truppen aus
den Niederlanden und die italischen Hilfsvölker des Papstes zur Stelle
gehabt. Aber die fürstlichen Bundeshäupter ließen durch die schein-
bare Neutralität ven Baiern sich anfänglich in allen Unternehmungen
ängstlich behindern, und als es zu Tage getreten war, daß Baiern
so gut wie Ferdinand und Moriz von Sachsen zu den Feinden der
schmalkaldischen Stände zählten, war alles zu spät. Dem tapfern
Schärtlin und seiner städtischen kampfbegierigen Schaar brach der
Muth, als man jede Gelegenheit, den Kaiser zu schlagen, versäumte.
Am 25. August war Karl V. von Regensburg auf dem linken Donau-
Ufer nach Ingolstadt gezogen, wo er vor der Festung in vortheil-
hafter Stellung die Ankunft des Grafen von Egmont mit den Nieder-
ländern abzuwarten beschloh. Wenn der gesammte Bund hier zum
Angriff überging, so konnte das Lager des Kaisers erstürmt werden.
Schärtlin hatte 111 schwere Geschütze aufgestellt, darunter die zwölf
Apostel, wie er seine größten Veldschlangen benannte. Selbst in das
Zelt des Kaisers schlugen die wolgezielten Kugeln. Verwirrung
und Schrecken herrschte in Karls Lager. Aber die Fürsten, uneins
im Kriegsrath, unterbrachen den Angriff, zogen ab und wandten sich
gegen das niederländische Heer. Da verlor Schärtlin die Hoffnung
auf den Sieg, denn „er sehe — sagte er den Fürsten — keinen Ernst
zu einem rechtschaffenen Kriege“. ·
Als nun zu Ende October die Nachricht von dem Einfalle Ferdi-
nands und des Herzoge Moriz in das Kurfürstenthum Sachsen eintraf,
überließen die Fürsten die oberländischen Städte ihrem eigenen Schick-
sal. Zuerst mußte sich Ulm unterwerfen, dann Augsburg, Frankfurt.