Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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uns schon begegnet. Und was die Geschichtschreibung anlangt, so 
haben wir deren größten Vertreter, Sleidan, ebenfalls kennen gelernt 
(S. 235). Was nach ihm folgte, reicht entfernt nicht an ihn 
hinan. Johannes Sturm ist leider nicht dazu gekommen, die Ge- 
schichte seiner Zeit zu schreiben, wie er vorhatte: wenn irgend einer, 
so wäre er dazu berufen gewesen. Die anderen sind recht fleißig, 
aber sie leisten nichts ausgezeichnetes. Die allgemeine Geschichte 
tritt meist als Fortsetzung des Sleidan, die Landesgeschichte noch 
immer als Fortsetzung des Königshofen auf. Die Edelfassische 
Chronik des Bernhard Hertzog ist ein trockenes unkritisches Sammel- 
werk ohne historischen Sinn. 
Am eigenthümlichsten stehen noch die geschichtlichen Collectancen 
des Ingenieurs Daniel Specklin aus Straßburg (geb. 1536, 
gest. 1589) da, dem man auch eine gute Karte des Elsfasses ver- 
dankte. Er ist ein origineller energischer Geist, voll Leidenschaft 
und universellem Interesse. Er hat den offensten Sinn für das 
was man heute Culturgeschichte nennt; aber er hat leider nicht eben- 
soviel Sinn für histerische Wahrheit. Er ist sich wohlbewußt, wie 
sehr der Ruhm seiner Vaterstadt auch durch geistige Leistungen be- 
gründet war, und diese sucht er daher umfänglich zu vergegen- 
wärtigen. Aber er hat eine geschäftige Phantasic und eine träge 
Kritik, er macht kühne Combinationen, die er ohne Bedenken als 
Thatsachen hinstellt; und es scheint, daß er auch noch weiter ging 
und Erfindungen nicht scheute. Er beabsichtigte eine protestantische 
Tendenzerzählung, er arbeitete die religiöse Geschichte Straßburgs 
im Sinne des Protestantismus um, der bei ihm eigentlich im vier- 
zehnten Jahrhundert schen beginnt. Johannes Tauler erscheint 
als eine Art Luther, Kaisersberg und Wimpheling sind Propheten 
der Reform. Der revolutionäre Keim, der thatsächlich in diesen 
Männern lag, ist unter Specklins Pflege äußerst üppig ins Kraut 
geschoffen. - 
Aber Specklins eigentliche Bedeutung liegt auf einem anderen 
Gebiete. Er war der berühmteste Militairarchitekt seiner Zeit. Er 
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